Mittwoch, 1. Oktober 2014

Was war los im Frühjahr 1945?

"Die innere Spaltung", ist Joachim Käppners Text in der SZ (1.10.2014, S. 11) überschrieben; er wird mit den Unterzeilen erläutert: "'Das Judenproblem ist eine Lebensfrage': Neue Forschungen belegen, dass einige Vertreter der ersten SZ-Generation den nationalsozialistischen Völkermord propagandistisch begleitet haben". Hermann Proebst und Hans Schuster waren die beiden Journalisten, die über ihren nationalsozialistischen Eifer nach 1945 schwiegen; sie waren in der jungen Bundesrepublik angesehene Autoren. Wie passt das zusammen? Joachim Käppner bietet die Spaltung als Erklärung auf. Die Spaltung ist ein mechanisches Konzept: aus Eins wird Zwei. Nein, es geht um die Verweigerung, widersprüchliche, beschämende, änstigende Handlungen in eine Haltung zu integrieren. Friedrich Nietzsche hat dazu den Aphorismus geprägt: "Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis. Das habe ich nicht getan, sagt mein Stolz. Schließlich gibt mein Gedächtnis nach". Was machte es im Frühjahr 1945 (und später) so schwer oder nicht möglich, über seine Handlungspraxis vor dem Frühjahr 1945 zu sprechen? War es  der Stolz? Die Beschämung? Oder die Furcht vor Bestrafung? Diese Frage ist noch nicht ausreichend beantwortet.

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