Sonntag, 13. Juli 2014

Marketing-Zuwendungen

Zwei Beispiele.

"Wir eröffnen Kasse Vier für Sie", annonciert die Stimme in der Ladenkette,
die seit vielen Jahren als Aldi auftritt und die ich noch immer als Albrecht adressiere. Ich stand in der Schlange an der Kasse, als mir dieser Satz zum ersten Mal auffiel. Für Sie klingt nett, ist aber falsch:
die weitere Kasse wird in Betrieb genommen, um die Kunden nicht zu vergraulen. Welche Agentur
hat diese Floskel des Einseifens erfunden? Wer glaubt, seine Kunden damit zu erreichen? Dass die Leute vom Albrecht-Konzern dies glauben, sagt doch etwas über ihre Verachtung und über die Unverfrorenheit des Geschäfts.

Funkhaus Wallrafplatz ist eine Sendung des wdr 5: die Hörer und Hörerinnen werden aufgefordert, sich an an einem Gespräch mit einem Fachmann  und Moderator zu einem Thema zu beteiligen. Gestern, am 12.7.2014, wurde angesichts des Urteils des BGH - geklagt hatte ein Arzt, der auf der Identität dessen bestand, der mehrmals negative Voten zu seiner Behandlung abgegeben hatte - zur Anonymität im Internet das damit verbundene Problem erörtert. Das Problem ist kompliziert. Es lässt sich in ein paar Minuten nicht diskutieren. Die Sendung fragt Meinungen ab, aber erörtert das Problem nur indirekt, weil die Meinungen locker aufeinander bezogen und nicht entfaltet werden in dem schwierigen Pro und Contra. Die Einladung zur Teilnahme ist nicht schlecht; geboten wird ein Forum. Aber wer teilnimmt, erhält nicht die Chance zu einem Gespräch: die nächsten Hörerinnen und Hörer warten; sie sollen nicht enttäuscht werden. Die Teilnahme, so das Kalkül des Marketing, soll an den Sender binden. Mich ernüchtert eher eine solche Sendung; vor allem höre ich immer die Anstrengung heraus, die Sendung über die Runden zu bringen; die Substanz ist zweitrangig. Dabei könnte der Hörfunk Gespräche in Gang bringen. Aber das traut man offenbar dem Hörfunk-Publikum nicht zu.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen