Montag, 1. August 2022

Neues zum Stand der Erinnerungskultur: "Wollt Ihr den totalen Krieg?" oder "Wollen wir die maskierte Gesellschaft?"

Die erste Frage stammt von Joseph Goebbels, dem unverfrorenen Hetzer der nationalsozialistischen Regierung, der  für seine Inszenierung zur Zustimmung des gewaltigen Raubzuges im Berliner Sportpalast am 18.2.1943 einen frenetischen Beifall kassierte, der verdecken sollte, dass die Begeisterung über den anfangs so einfach scheinenden Krieg - Blitzkrieg nannten das die selbstbesoffenen Propagandisten - schwand. Die zweite Frage stammt vom bundesdeutschen Autor Daniel Kehlmann, der sich nicht scheute, die tausendfach repetierte, schmutzige Frage-Figur für seine Interessen zu variieren. Was will er damit? Unsere pandemische Verblendung demaskieren - unseren unzivilisierten Eifer, uns zu schützen. Was die Japaner können, ist für Kehlmann das Ende "eines zivilisierten Humanismus". Er hat missverstanden, dass das Tragen der Maske in fremden  Räumen oder bei Veranstaltungen, in denen man sich auf die sprichwörtliche Pelle rückt, sinnvoll ist. Er macht keinen Unterschied. "Was wäre das Endziel einer neuen allgemeinen Maskenpflicht?", fragt er. Das Endziel, eine hübsche natioalsozialistische Vokabel - das Endziel gibt es nicht. Die Maske ist solange zu tragen, solange die Infektion außerhalb unserer vertrauten vier Wände gefährlich ist. So wie wir das Anlegen des Sicherheitsgurtes nur in unseren Fahrzeugen praktizieren und nicht aufgeben, weil die tödlichen und schweren Unfälle in unserem Straßenverkehr zurückgehen.  

Der Wirrnis-Text erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Freitag, dem 29.7.2022, auf der achten Seite.