Freitag, 28. Februar 2020

Die Erosion der C.D.U.

1999, kurz vor Weihnachten, schob Angela Merkel mit Hilfe ihres in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Textes über die obsolete Abhängigkeit der Union von Helmut Kohl den Kanzler vom Sitz des Parteivorsitzenden. Jetzt, im Februar 2020, wird an ihrer Kanzlerschaft gerüttelt.  Die Konzeptions-arme Kanzlerin hat sich verkalkuliert. Ihre mit viel treuherzigem Tamtam verkündete Trennung ihrer beiden Ämter - der Kanzlerin und der Parteivorsitzenden - und der Aufgabe des zweiten Amtes  war ein verunglückter Schachzug, weil sie die Notwendigkeit der Trennung der beiden Ämter nie richtig verstand und deshalb die Trennung schlecht realisierte - was seltsamerweise die öffentliche Aufregung durchgehen ließ und was sogar als politikwissenschaftliches Klischee kursiert, Regierungsamt und Parteiamt müssten von einem Akteur oder einer Akteurin besetzt sein. Das Klischee passt nicht so recht zum Geist unseres Grundgesetzes von Artikel 21, Absatz 1: "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit".

Mitwirken bei der Willensbildung des Volkes ist etwas anderes als die Willensbildung im Zentrum der Regierungsarbeit zu gestalten. Die Differenz ist offenbar in der C.D.U. vergessen worden - was wir nach der Wahl des Ministerpräsidenten in Erfurt beobachten konnten, als Paul Ziemiak, der Sekretär der Partei, der Kanzlerin assistierte und streng auf den (vermeintlich) bindenden Parteitagsbeschluss der Exklusion (s. meinen Blog Aufregung in Thüringen vom 14.2.2020) hinwies, wobei Ziemiak den Artikel 38, Absatz 1, zweiter Satz nicht parat hatte: "Sie - die Abgeordneten des Deutschen Bundestages - sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen".

Zudem ist die Anmaßung der Verschmelzung zweier Ämter die Lizenz zur Korruption:  Politik droht zur Magd der Partei zu werden -  sie droht, vor allem dem Überleben der Partei zu dienen. Das ist jetzt seit zehn Jahren zu beobachten und macht den Schlingerkurs (für den Machterhalt gedachter, aber planloser, nicht durchdachter und nicht ausreichend abgestimmter Interventionen - ein Beispiel: die Transformation unserer Energie-Versorgung) unserer Kanzlerin und ihren Regierungen verständlich. Irgendwann begann die interne Erosion der Union. Sie wurde im vergangenen Jahr allmählich sichtbar und ist jetzt manifest: seit der Wahl des Ministerpräsidenten in Erfurt am 5.2.2020. Annegret Kramp-Karrenbauer, die neue Parteivorsitzende, aber als Verteidigungsministerin weiterhin im Dienst der Kanzlerin, wurde depotenziert und kündigte ihren Rückzug aus dem Partei-Amt und ihren Verzicht auf eine Kanzlerin-Kandidatur an. Zehn Jahre haben die Akteure der Union sich geduckt unter der Fuchtel der (haarsträubenden) Alternativlosigkeit - des erstaunlichen Missverständnisses des Substantivs Alternative - und ihre Auseinandersetzungen vertagt. Der Wettbewerb neuer Partei-Piloten ist ausgerufen. Sie müssen sich ducken und sich gleichzeitig aufrichten, ohne sich zu verrenken. Schwierige Polit-Gymnastik. Hoffentlich bleibt Zeit zum gründlichen Nachdenken.

Dienstag, 25. Februar 2020

Neues von der Heiligen Kuh (91): Verkehrspolitik in London - Tempolimit auf 20 Meilen/Stunde. Was ist mit uns?

Ab dem 2. März 2020 gilt innerhalb der Stadtgrenzen von London die Höchstgeschwindigkeit von 20 Meilen in der Stunde, das sind 32 km/h. Die Begründung: Senkung der Schwere der Unfallfolgen.

Die zweite gute Nachricht: bis 2041 soll die Politik der Vision Zero durchgesetzt sein - keine tödlichen Unfälle mehr innerhalb von London. Damit folgt London der Verkehrspolitik einiger skandinavischer Städte.

Wie ist es bei uns? 2019 wurden in Nordrhein-Westfalen 458 Verkehrstote registriert - ein Rekordtief, wie ich aufschnappte. Rekordtief heißt: wir können es noch sportlich sehen. Das Tief ist noch nicht tief genug. 458 ist eine ungeheuerliche Zahl des Leids und der Verschwendung des Lebens.  Es ist erstaunlich, dass diese Art politischer Passivität durchgeht. Was ist mit dem Artikel 2, Absatz 2 unseres Grundgesetzes: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrheit"?

Freitag, 14. Februar 2020

Aufruhr in Thüringen

Die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten (am 5.2.2020)  nannte Angela Merkel einen unverzeihlichen Vorgang und forderte energisch die Reparatur: einen neuen Ministerpräsidenten und Neuwahlen. Die thüringischen Kollegen und Kolleginnen der Union hatten sich nicht an die Parteilinie, mit den Abgeordneten der Alternative für Deutschland nicht zu kooperieren, gehalten. Zudem hatte der frisch gewählte Ministerpräsident die Wahl angenommen. Der Aufschrei in der Öffentlichkeit war groß: Tabubruch, Dammbruch und Einreißen der Brandmauern waren die kursierenden Metapher. Die offenbar falsche Wahlentscheidung wurde korrigiert; Thomas Kimmerich trat zurück; ein Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten wird gesucht, Neuwahlen sind beabsichtigt.

Anschließend geriet das Ämter-Gefüge der Union aus den Fugen. Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte ihre Kanzlerin-Kandidatur und begrenzte ihr Amt als Vorsitzende der Union auf die Moderation des Übergangs und ihrer Nachfolge. Was nun? Eine Kandidatin oder ein Kandidat wird gesucht. Die Koalition der Regierung ist wiederum mit dem Manangement ihrer Arbeitsfähigkeit beschäftigt. Die Regierungsparteien suchen ihre strategische Balance. Christian Lindner entschuldigte sich für seine Führung der Freien Demokraten.

Kopflos nannte Alexander Gauland, Fraktionsvorsitzender im Bundestag für die Alternative für Deutschland, die Reaktion der Union und der Freien Demokraten. Sein Bild der Kopflosigkeit ist eine unfreundliche Metapher der Schadenfreue. Er sieht sich mit seiner Partei im Recht. Damit liegt er nicht so falsch. Er führte den demokratischen Widerpruch vor: die Abgeordneten seiner Partei, die in das Thüringische Parlament gewählt wurden, an den Verfahren des Parlaments teilhaben zu lassen , aber deren realisierte Teilhabe nicht zu akzeptieren. Alexander Gauland hat gewissermaßen den Widersinn des politischen Konzepts der Exklusion vorgeführt. Was Wunder, dass er  laut der Neuen Züricher Zeitung vom 11.2.2020 (online-Ausgabe)  Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs der Kanzlerin gestellt hat.  Damit hat er allerdings in seinem Triumph das falsche Register gezogen. Das Strafrecht ist nicht berührt, sondern das Verfassungsrecht, schreibt Dietrich Hölz, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Hamburg, in seinem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung (18.2.2020, S. 6, Nr. 41): "Wenn  sie öffentlich und in Ausübung ihres Amtes als Spitze der Bundesregierung die Rückgängigmachung eines außerhalb ihrer Zuständigkeit liegenden Staatsorganisationsakt fordert, liegt hierin ein Verstoß gegen ein Strukturelement des Verfassungsstaates: die vertikale Gewaltenteilung".

Das muss natürlich zu denken geben. Der Hamburger Richter Heinz Uthmann hatte 2011 die Kanzlerin wegen öffentlicher Billigung eines vorsätzlichen Tötungsdelikts (§ 140 StGB) angezeigt; damals hatte sie dem U.S.-Präsidenten Barack Obama zur erfolgreichen Exekution von Osama Bin Laden mit den Worten gratuliert: "Ich freue mich" (s. meinen Blog Rache ist sauer vom 9.5. 2011). Damals wurde die Strafanzeige nicht weiter verfolgt.

Die Strategie der Exklusion ist alt und weltweit erprobt. Die nationalsozialistische Regierung installierte eine gesellschaftsweite mörderische Exklusion. Ende der 50erJahre installierte die bundesdeutsche Regierung mit ihrer so genannten Hallstein-Doktrin eine apartheidähnliche Außenpolitik im Verhältnis zur abgelehnten Deutschen Demokratischen Republik: wer mit der ostdeutschen Republik diplomatische Beziehungen aufnahm, zu dem kappte die westdeutsche Republik ihre diplomatischen Beziehungen oder nahm sie nicht auf. Apartheid oder Exklusion beabsichtigt zumindest die psychische Vernichtung der Ausgeschlossenen; sie spielt mit der Fantasie der mörderischen Vernichtung. Es ist daran zu erinnern, dass in den 50er Jahren der volle Namen der ostdeutschen Republik äußerst selten (in meiner Erinnerung) komplett in der öffentlichen Diskussion genannt wurde, während der Name der Bundesrepublik Deutschland vergleichsweise leicht über die Lippen ging. Es gab sogar die unglaubliche Praxis, die drei Großbuchstaben der ostdeutschen Republik in Anführungszeichen zu setzen. Diese Form öffentlichen Kränkens wurde glücklicherweise in der westdeutschen Öffentlichkeit nicht allzu lange hingenommen.

Die Unionsstrategie der Exklusion ist so alt wie die Bundesrepublik. In den 50er Jahren war es die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, mit der die Union nichts zu tun haben wollte. In den 80er waren es die Abgeordneten der Partei  Die Grünen, die den Schrecken des (unionsgeführten) Parlaments repräsentierten; sie wurden von der Partei der Linke abgelöst, die für die Union allmählich salonfähig wird. Davon ist die Alternative für Deutschland noch  weit entfernt. Deren parlamentarische Zukunft ist angesichts ihres Holzhackens offen. Allerdings sollte bedacht werden, dass die undemokratische Strategie der Exklusion sie eher stützen und stärken wird, weil ausgeschlossen und nicht beachtet zu werden eine mächtige Dauerkränkung und Dauerbeschämung darstellt und eher vereint/bestätigt als differenziert.  Es ist die noch immer offene Frage, ob die öffentliche Diskussion ein wirkliches Interesse hat herauszufinden, was die Wählerinnen und Wähler dieser Partei tatsächlich bewegt.

Zur Strategie der Exklusion gehört die selbstgerechte, empörungsschnelle Gewissheit im Umgang mit der Schuld und der Verantwortung für die mörderische Hypothek der Bundesrepublik. 1952 mahnte  Konrad Adenauer, der erste Kanzler der Bundesrepublik, mit der Nazi-Riecherei aufzuhören; mit der Aufforderung, die Schuld-Abrechnungen aufzugeben, fand er ein wohlwollendes Echo und die öffentliche Toleranz für seinen Ministerialdirektor und Staatssekretär im Bundeskanzleramt Hans Globke (1898 - 1973).   Hans Globke gehörte zu den Juristen, die im Reichsinnenministerium seit 1933 den Kommentar zu den so genannten Nürnberger Gesetzen  verfaßt und die Vorarbeit für die  mörderischen Orgien der Damen und Herren in den schwarzen und grünen Uniformen geleistet hatten. Mit dem Argument, dass Hans Globke sich um die Milderung der juristischen Interpretationen bemüht hätte, blieb er Konrad Adenauers rechte Hand. Noch immer gilt diese Form der Korruption als nationale integrative Großtat. Wie erfolgfreich Hans Globke war, wissen wir heute genau.

Kopflos ist die schlechte Beschreibung des Fraktionsvorsitzenden der Alternative für Deutschland - die Repräsentanten dieser Partei irritieren, labilisieren, lähmen und bringen einen eher hier und da in Rage. Sie stellen untergründig - das ist doch gar nicht schlecht - die Frage der Sicherheit und Präzision unseres Verständnisses von Nationalsozialismus und Faschismus - und beleben die eigenen Unsicherheiten.  Das ließ sich in der Sendung Anne Will am vergangenen Sonntag (am 9.2.2020) beobachten. Alice Elisabeth Weidel, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Alternative für Deutschland im Bundestag, war eine Teilnehmerin der Sendung. Sie feixte, empörte sich über das undemokratische Verhalten der Kanzlerin (unglaublich!, sagte sie mehrfach), eine Wahl für nichtig zu erklären - niemand in der Runde traute ihr Recht zu geben und ein Merkel-Tabu zu verletzen - , fühlte sich verständlicherweise sicher, redete drauflos und dazwischen und über die anderen hinweg, dozierte und beantwortete die Frage nicht, was sie von ihrem thüringischen Kollegen, den aus ihrer Partei auszuschließen sie vergeblich versucht hatte, halte. Sie wich aus und ließ sich nicht festlegen. Die zerstrittene und ängstliche Rederunde - auf keinen Fall derjenigen Teilnehmerin ( in einem bestimmten Kontext) zustimmen, die man ablehnt! - konnte sich nicht darauf verständigen, auf Alice Weidels genaue Auskunft zu warten. So kam sie, die mit einer Arbeit über die Zukunft des chinesischen Rentensystems promoviert wurde, leicht davon,  ohne eine substanzielle Auskunft zu geben. Man müsste sehen, was sie auf der sprichwörtlichen Pfanne hat hinsichtlich ihres Verständnisses unserer Vergangenheit und Gegenwart. Ihr einziger Einwand in der Rederunde war der  äußerst schlappe, irgendwo hervorgekramte Vorwurf einer kommunistisch-stalinistischen Argumentationsweise. Eine nüchterne, kühle, langsame Auseinandersetzung sollte eine Gesprächstaktik sein. Erst dann kann man (hoffentlich) sehen, wen man vor sich hat.


(Überarbeitung: 8.12.2020)

Montag, 10. Februar 2020

Wenn man die Wahrheit verdrehen will, kriegt man sie verdreht. Kriegt man die Verdrehung korrigiert?

 Nancy Pelosi, das ist wichtig festzuhalten, hat am Ende der Rede des U.S.-Präsidenten an die Nation die Kopie von dessen Redemanuskript zerrissen. Nicht während der Rede. Ihr Zerriss war ein mächtiger Verriss. Das hat Donald John Trump nicht hingenommen. Jetzt gibt es ein über Facebook und Twitter verbreitetes Video, das Nancy Pelosis sprachlosen Kommentar zu einem Akt des Frevels an der Tradition der Präsidenten-Ansprache macht: während der Präsident sein Manuskript vorträgt, wird Nancy Pelosis sorgfältiges, für den Papierkorb langsames Verkleinern als Interpunktion der Liste präsidialer Erfolgsmeldungen - dazwischen geschnitten.

Die Montage macht's. Das wussten Eisenstein und Hitchcock ganz genau. Donald John Trumps Leute haben sich erinnert. Die Montage hat einen anderen Kontext kreiert: jetzt feixt Nancy Pelosi gewissermaßen hinter dem Rücken des U.S.-Präsidenten, während er spricht; sie unterläuft seine Rede. Das ist Donald John Trump: unbeeinruckt von dem, was die Sprecherin des Kongresses ihm sagt - schlägt er zurück und macht seinen Punkt. Er gibt nicht nach und zahlt zügig zurück.

Maureen Down, Kommentatorin der New York Times, zitiert einen ernüchterten Demokraten (als sich abzeichnete, dass zum Impeachment-Verfahren kein Zeuge vorgeladen würde) - dass die Republikanische Partei die Kontrolle über "diesen Präsidenten" verloren hätte: "It's gone. The state of the union is there is no union. How can there be, when one side is petrified of their Godzilla?"

Was machen die Nordamerikanerinnen und Nordamerikaner mit - Godzilla? Zuerst müssten sie ihn erkennen. Und dann, das wissen alle (alten) Kinogänger, folgt viel Arbeit. Leider sind wir nicht im Kino. Das Konzept der Wahrheit droht unter die Räder zu geraten.


Ob sich unsere Regierung wappnet?      

Donnerstag, 6. Februar 2020

Bravo again, Mrs Fürchtetsichnicht- Pelosi!

Wann gab es das schon mal?
Der Redner nähert sich dem Ende seines Textes, und die hinter ihm sitzende Zuhörerin zerreißt sorgfältig die Kopie des Redemanuskripts. Eine unglaubliche Szene. Während der Redner redet, wird ihm der Abgrund der symbolischen Vernichtung bedeutet. Das Impeachment-Verfahren hat ihn nicht aus dem Amt gewiesen, aber seine Rede landet im Reißwolf der Öffentlichkeit. Der proletige Pfau kriegt seinen Kitsch über das Gefieder geschmiert.

Ist das kein Grund zu feiern?

Der Journalist Andreas Ross von der Frankfurter Zeitung für den politischen (ängstlichen) Bierernst beginnt seinen Kommentar Zerrüttete Demokratie  am Donnerstag, dem 6.2.2020 (S. 1), wie folgt:

"Donald Trump hat Nancy Pelosi vor Beginn seiner Ansprache zur Lage der Nation den Handschlag verweigert. Die Demokratin revanchierte sich am Ende seines Auftritts, indem sie das Redemanuskript des Republikaners zerriss. Es geschehen weiß Gott größere Dinge in der amerikanischen Politik als derlei kalkulierte, fernsehtauglich portionierte Nickligkeiten zweier Spitzenpolitiker".

Was Nancy Pelosis courteous thing nannte (s. meinen vorigen Blog vom 6.2.2020), versteht Andreas Ross als eine fürs Fernsehen ausgetüftelte Retourkutsche. Sie quittierte Donald Trumps Unhöflichkeit, ihr den Handschlag zu verweigern, mit einem Achselzucken. Hat sie darauf mit ihrem courteous thing reagiert? 80 Minuten lang überlegt, wie sie zurückschlägt? Halte ich nicht für plausibel. Ihr courteous thing hat eine andere Botschaft und eine andere Dimension als das bekannte Wie du mir so ich dir. Ich nehme ihr die Empörung über Donald John Trumps such a dirty speech, wie sie die Rede bezeichnete, ab - die Betonung auf such. Donald John Trump feierte seinen (vermeintlichen) Triumph der Korruption. Er übersah, dass hinter seinem Rücken sein Triumph zerrissen wurde.

Ohne das Impeachment-Verfahren hätten wir diese Szene nie gesehen.
Sie wird, vermute ich, einen mächtigen Einfluss haben. Andreas Ross übersieht: massiver Streit gehört zur Demokratie. Von Zerrüttung spricht ein ängstlicher Beobachter. Mrs Pelosi fürchtet sich nicht.   




"It was the courteous thing to do, considering the alternative. It was such a dirty speech". Nancy Pelosi und das Impeachment-Verfahren

Mit diesen beiden Sätzen kommentierte Nancy Pelosi ihre harsche Geste der Verachtung und Missbilligung, als sie die Kopie des Manuskripts der Rede des U.S.-Präsidenten zerriss. A courteous thing to do ist im wörtlichen Verständnis eine höfliche, liebenswerte, respektvolle Geste - Nancy Pelosi kommentierte die Perversion der Kultur des Hauses, in dem die Korruption eines bramarbasierenden Proleten, der sich mit seiner Grandiosität auf kaum erträgliche Weise brüstet, mit brausendem Beifall quittiert, aber nicht widersprochen wird. Was kann man anderes machen?

Nancy Pelosi rang am Ende der Trump-Rede - knapp sechs Minuten sah und hörte ich zu - mit ihrer Verfassung. Sie suchte, ihre Gesten und mimischen Reaktionen zu unterdrücken. Sie fand ihre Form der sprachlosen Kommunikation - die sie später  the courteous thing nannte: dem Rahmen des Hauses angemessen, in dem die Figur des Redners allerdings miserabel besetzt war.

Darüber, das ist ein Erfolg des Impeachment-Verfahrens, existiert nun ein weithin sichtbarer,  durchwachsener Konsensus unter den konservativen Politikerinnen und Politikern. Einige Senatoren der G.O.P. fanden das Verhalten ihres Präsidenten nicht in Ordnung, aber nicht so sehr, dass sie ihn schuldig sprachen hinsichtlich der beiden Vorwürfe, mit denen das Impeachment-Verfahren begründet worden war. Mitt Romney,  der Senator aus Utah, war der einizige Politiker der konservativen Partei, der den Präsidenten für schuldig erklärte. Der frei gesprochene Präsident hat jetzt eine befleckte Weste. Damit kann er doch nicht mehr, unsere Etikette vorausgesetzt, so einfach auftreten. Donald John Trump, auch wenn er das Gegenteil behaupten wird, hat keine weiße Weste mehr.