Donnerstag, 7. Dezember 2023

Was ist schlecht an einem "Nicht Ausreichend!" , das das Bundesverfassungsgericht unserer Regierung erteilte?

 Unsere parlamentarische Opposition, die Union, die 1969 das erste Mal ihren Regierungsstatus an die Sozial- und an die Freien Demokraten verlor, machte aus dem Einspruch der Karlsruher Richter zum Bundeshaushalt 2023 eine untragbar schlechte Zensur; ihr Anführer verrenkte sich bei seinem verbalen Aufschäumen fast den Hals - man musste sich um ihn sorgen. Was war so schlimm? Wir leben in einem Land, in dem nicht ausreichende Noten intolerabel sind. In der ersten Hälfte der Sexta erhielt ich in zwei Latein-Arbeiten zwei Ungenügend. Meine Eltern waren entsetzt; das waren sie von mir bislang nicht gewöhnt. Das waren nicht die einzigen schlechten Zensuren meiner Schul-Karriere. Meine Eltern mussten sich an aufregende Schulzeiten gewöhnen. In der Abiturprüfung versiebte ich drei Arbeiten, konnte mich aber in den mündlichen Prüfungen behaupten und die schlechten Zensuren kompensieren. Für das gymnasiale Turnier kam ich mit neun Jahren aus. Im Studium ging es dann - weniger dramatisch - gut.

Was sagt uns das Theater um die schlechte Schulnote für unsere Regierung? Heiße Luft. Und Heuchelei. Der Wunsch, die Regierung straucheln und stürzen zu sehen, dominiert - und wird notdürftig mit der Besorgnis um die schlechten Umfrage-Resultate kaschiert. Subtext: wann wird die Ampel demontiert? Heute jedenfalls nicht. Unsere Regierung ist zäh. Was würde wohl der Mann aus Brilon sagen, würde die Öffentlichkeit ihn so angehen? Schwer vorzustellen, wie die Mitglieder unserer Regierung und deren beratende Leute abends einschlafen können. Erbarmungslos werden sie gehetzt. PISA ist hinzugekommen. Die bundesdeutsche Gesellschaft ächzt unter den nationalen wie internationalen Aufgaben. Wie lange reichen die Kräfte? die Mittel? Wie hieß es noch, als die ehemalige Kanzlerin ihre Neujahrsansprachen hielt? Deutschland ist ein starkes Land. Das war eine zu gute Zensur  der Aufmunterung zur falschen Zeit. Schlechte Zensuren können dagegen anspornen.  Sie tragen dann zu einem Realismus bei und relativieren die Neigung zur Selbstüberschätzung. 

Nachtrag (8.12.2023)

Die Hoffnung auf einen politischen Realismus ist möglicherweise - treuherzig und blind. Heute  (8.12.2023) fragt der Leitartikel der ersten Seite der F.A.Z.  Kanzler Merz?; sein Autor Peter Carstens setzt auf Polit-Klatsch und auf eine personelle Rochade, nicht auf eine weithin geteilte Einsicht in die gewaltige, enorm drängende Aufgabe, die die Erderwärmung uns allen stellt.