Donnerstag, 25. Dezember 2014

Die Leute von Pediga II: gut, dass sie sich in Dresden auf die Straße trauen

Wie immer die Sympathisanten, Befürworter, Anhänger und Propagandisten des Montagstreffens (in Dresden) sich zusammensetzen (wir wissen es nicht, wie) und sich zusammenfinden unter dem Transparent Pegida - es ist ein Fortschritt in der Auseinandersetzung und Klärung deutscher Vergangenheit und bundesdeutscher Gegenwart. Zum ersten Mal (ich hoffe, ich erinnere mich richtig) wird von Vielen unsere Öffentlichkeit gesucht. Und nicht nur die Artikulation mit dem Kauf und der Lektüre des Sarrazin-Buches oder die Diskussion in den mehr oder weniger geräumigen privaten vier Wänden. Nein, es wird eine Auseinandersetzung und Klärung explizit erzwungen.

Das ist Demokratie, finde ich. In der Demokratie hat man ständig mit Leuten zu tun, die anderer Auffassung sind und deren andere Auffassung man zu tolerieren hat. Das ist lästig, anstrengend und mühsam: man muss andere auch zu Wort kommen lassen. Anders geht es nicht. Manche missverstehen diesen Prozess. "Wenn man aus den Demonstrationen in Dresden etwas lesen darf, dann ist es das offenbar dringende Bedürfnis", schreibt Cornelius Pollmer in der Süddeutschen Zeitung (24./25./26.12.2014, S. 4, Nr. 296), "sich einmal öffentlich auszukotzen". Auskotzen: jemand, der oder die dieses Verbum benutzt, unterschätzt die Stärke des Affekts - man wird ihn eben nicht so einfach los, wie die Alltagsauffassung vom Rauslassen nahe legt: Sag es und du bist es los. Nein, heftige Affekte sind kumuliert - lebensgeschichtlich gewachsen. Sie verlangen eine Einfühlung - ein Verständnis dieses Prozesses. Sie wollen gehört und wahrgenommen werden. Wer zum Auskotzen auffordert, will nicht hinhören; er ist mit der eigenen Tagesordnung beschäftigt.

Zum Glück gibt es in derselben Ausgabe der Süddeutschen Zeitung eine andere Stimme: Christoph Butterwegge in der Außenansicht auf Seite Zwei. Er beschreibt in seinem Text Die Entdeckung der Armut. Die rot-grüne Arbeitsmarktreform vor zehn Jahren hat das Bild vom bedürftigen Menschen grundlegend verändert - den Prozess der allmählichen Exklusion - ja: Exklusion! -  der bundesdeutschen Bevölkerung, die von Hartz IV - Unterstützungen abhängt:

"Hartz IV hat in erheblichem Ausmaß zur sozialen Entrechtung, Entsicherung und Entwertung eines wachsenden Bevölkerungsanteils beigetragen, der besonders in einer wirtschaftlichen Krisensituation als 'unproduktiv' und 'unnütz' gilt. Teilweise verhöhnt man Hartz-IV-Betroffene regelrecht".

Christoph Butterwegge sagt nichts zu Pediga. Man kann seinen Text auch nicht dafür benutzen, darüber zu spekulieren, wer sich Pediga anschließt. Er macht aufmerksam auf einen undemokratischen bundesdeutschen Prozess der Exklusion. Mit anderen Worten: wir erleben gerade das explizite bundesdeutsche Ringen um unser demokratisches Selbstverständnis.

Dienstag, 23. Dezember 2014

Ämter-Diffusion und Ämter-Entblößung

Wann handelt eine Politikerin oder ein Politiker aus der Rolle und der Funktion seines Amtes, wann nicht? Wann ist sie oder er eine Privatperson und darf seine Meinungen äußern? Das Problem habe ich neulich (s. meinen Blog vom 10.12.2014 über den Parteitag der C.D.U. in Köln) für die Kanzlerin beschrieben. Die Grenze ist fein und schwer zu ziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat sie jetzt gezogen. Das Regierungs-Amt verpflichtet zur Neutralität. Man könnte auch sagen: zur Integration oder Inklusion. Das Bundesverfassungsgericht urteilte beweglich (großzügig) im Verfahren zur Klage der N.P.D. gegen Manuela Schwesig, die Familienministerin: "Die bloße Übernahme des Regierungsamtes soll insoweit gerade nicht dazu führen, dass dem Amtsinhaber die Möglichkeit parteipolitischen Engagements nicht mehr offensteht". Anderenfalls würde unsere von den Parteien gestaltete Demokratie nicht mehr offen stehen. Aber was, frage ich mich, ist: die bloße Übernahme des Regierungsamtes. So einfach wird man doch kein Minister. Ich verstehe, dass dieses Adjektiv im adverbialen (bekannten) Gebrauch benutzt wurde. Aber bloß bleibt bloß. Irgendwie ist das Adjektiv bloß da rein gerutscht.  

Die Leute von Pegida

Die Leute von Pegida, kann man sich, so deuten heute die Sozialwissenschafter - Norbert Elias nannte diese Berufsgruppe: Menschenwissenschaftler - Heinz Bude und Ernst-Dieter Lantermann (Süddeutsche Zeitung vom 23.12.2014, S. 11; Nr. 295) an,  (vor allem) aus "drei Gruppen mit ausgeprägter Islamophobie" zusammengesetzt vorstellen; gemeinsam sei den drei Gruppen "die Identifizierung mit ihrer deutschen Herkunft ein wesentliches Moment ihres Stolzes". Ich halte fest: Islamophobie und Stolz. Phobische Störungen verursachen unkontrollierbare Angst-Zustände. Die Leute von Pediga, wenn ich das am Bildschirm richtig einschätze, sind aber doch eher aufgebracht, empört oder wütend. In dieser affektiven Verfassung ist eine oder ein an einer phobischen Störung Leidender normalerweise nicht. Er oder sie wird sich auch eher als angeschlagen erleben und einschätzen. Mit anderen Worten: das Begriffspaar hat eher metaphorische, um den Gegenstand kursierende Bedeutung.

Kommen wir zu den Gruppen. Neun Prozent der Befragten machen, so die Autoren, die Gruppe der verhärtet Selbstgerechten aus. Die zweite Gruppe, die dreizehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht, wird von den grundsätzlich Beleidigten, die von Ausschlussempfinden geplagt sind, gebildet. Die dritte Gruppe, dreizehn Prozent der Bevölkerung, werden als zurückgesetzt Empfindende beschrieben. Die drei Gruppen ergeben 35 Prozent. Sie sind 2011 in einer Telefon-Umfrage, die das Hamburger Institut für Sozialforschung finanzierte, eruiert worden. Anlass und Kontext waren: die Rede des damaligen Bundespräsidenten am 3.10.2010 zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit. Machen nun die 35 Prozent der Befragten von 2011 die Leute von Pegida aus - so wie der Titel des Textes nahe legt: "Besorgt, beleidigt und zurückgesetzt. Wer sind die Anhänger von Pediga?" Nein, das kann man nicht sagen. Man kann es vermuten. Dazu müsste man die Leute von Pediga befragen und die Ergebnisse vergleichen. Die Redaktion der Süddeutschen Zeitung suggerierte die Übertragbarkeit.

Besorgt, beleidigt und zurückgesetzt: diese Klassifikation ist eine Beleidigung. Sie ist nicht formuliert worden, um sie den Klassifizierten vorzulegen und mit ihnen in ein Gespräch zu kommen. Mit der  Klassifikation mokieren sich die Wissenschaftler; sie verachten ihre Befragten; sie scheinen kein Verständnis für deren Lebensverhältnisse, Lebensängste und Lebensentwürfe aufzubringen. Sie übersehen den historischen Kontext: die besondere Zerrissenheit der bundesdeutschen Identität, die die alte Zerrissenheit der deutschen Identität fortgesetzt hat und sich in den jüngeren Generationen abzumildern scheint. Norbert Elias und Erik Homburger Erikson haben sie für die letzten Jahrhunderte beschrieben und Hoffnung auf eine Integration gemacht.      

Kränkung als politisch verstandene Strategie?

Als ich gestern in der Rubrik Außenansicht der SZ den Text von Martin Becher las (22.12.2014, S.2) Was gibt's da zu lachen? Darf man Späße über Neonazis machen? Wieso Humor gegen Rechts befreiend wirkt - und bei Pediga an seine Grenzen stößt - musste ich an George Orwells Text Revenge Is sour denken, den ich in meinem Blog vom 3.5.2011 zum ersten Mal erwähnte:


"Revenge is sour" schrieb George Orwell 1945, als er mit einem belgischen Kollegen in Süddeutschland ein Kriegsgefangenenlager besuchte und das Vergnügen beobachtete, wie ein angeschlagener Offizier der Schutz Staffel einen heftigen Tritt gegen seinen deformierten Fuß erhielt. Der Tritt war verständlich, fühlte George Orwell dieses Vergnügen nach: "Who would not have jumped for joy, in 1940, at the thought of seeing S.S. officers kicked and humiliated? But when the thing becomes possible, it is merely pathetic and disgusting". Genau gesprochen, überlegte George Orwell, gibt es nicht so etwas wie Vergeltung. Sie ist die fantasierte Handlung im Zustand der Machtlosigkeit - ist der Zustand aufgehoben, verflüchtigt sich der Wunsch nach Rache, so Orwell.

Das Vergnügen am 16.11.2014 in Wunsiedel war - vermute ich - ähnlich: dort am Ort des Grabmals von Rudolf Heß, an den einmal im Jahr von einer  als neonazistisch etikettierten Gruppe öffentlich erinnert wird - woran dabei die einzelnen Mitglieder denken, ist sicherlich nicht bekannt, wenn wir von der einfachen Identifizierung eines Festhaltens an nationalsozialistische Ideen oder Affekte (welche auch immer) absehen - , wurde in diesem Jahr der gemeinsame Gang durch den Ort zum Grab (oder vom Grab zurück) zu einem Spendenlauf verfremdet. Jeder zurückgelegte Meter wurde mit 10 Euro honoriert, die der Organisation Exit zu gut kamen; ein Plakat spottete: wenn das der Führer wüsste.

Ja, wenn das der Führer wüsste. Es war bestimmt lustig. Martin Becher schrieb dazu:
"Viele Menschen empfanden unsere ironisch-spöttische Aktion als Befreiung - endlich einmal fand die Auseinandersetzung mit Neonazis nicht in einer schweren und moralisch beladenen Form statt". Sicher, 
die Leute in Schwarz wurden vorgeführt: depotenziert und verspottet. Wie mögen sie selbst das erlebt haben? Wahrscheinlich war der Spendenlauf für sie kränkend und beschämend - wenn sie es denn zugeben könnten. Ist das in Ordnung und ist das hilfreich? Kränkungen warten darauf zurückgezahlt zu werden. Systematische Kränkungen, das leite ich aus unserer demokratischen Verständigung auf die Würde des Menschen ab, sind nicht gestattet. Sie ermöglichen keinen Dialog, sondern sie beleben die Fantasien der Vergeltung. Inwieweit sie den Charakter von Beschämungen haben, die nicht mehr vergessen werden, lässt sich von außen nicht sagen. Der Triumph der eigenen Gewitztheit ist von kurzer Dauer.

Freitag, 19. Dezember 2014

Dissonanzen IV: der Verbrauch von Freundschaft

Ich kann es nicht mehr lesen: das Gerede von Freunden oder Freundschaft im politischen Kontext als eine Art politischer Metapher. Letztes Beispiel heute in der Süddeutschen Zeitung 
(19.12.2014, S. 4): "Plötzlich Freunde" titelt Hubert Wetzel seinen Kommentar zur Entscheidung des U.S.-Präsidenten, die alte Nicht-Beziehung zu Kuba zu einer hoffentlich tragfähigen politischen Beziehung umzugestalten. Beziehungen zwischen Nationen oder Ländern sind natürlich Kurzschrift. Sie noch mit dem Begriff von Freundschaft zu unterfüttern, zu viel der Metaphern-Last.

Plötzlich Freunde ist offenbar ironisch gemeint - jemand von der Schluss-Redaktion (wenn es nicht der Autor war) hatte wohl den französischen Filmtitel im Kopf: ziemlich beste Freunde. Vor ein paar Tagen war die Rede von der bröselnden Freundschaft zu Italien (s. meinen Blog vom 27.10.2014). Dabei hatte das italienische Verfassungsgericht eine ganz andere Sprache gesprochen. Die Freundschaft zur amerikanischen Regierung - oder zu wem sonst? - ist eine weitere Sprachfigur des Missverständnisses. Seltsam, dass die Süddeutsche Zeitung sie pflegt. Der erste Kanzler der Bundesrepublik führte die Rührseligkeit der deutsch-französischen Freundschaft ein - sein französischer Kollege war freundlich genug, seine Arme in der Geste der Umarmung in der Öffentlichkeit tüchtig auszubreiten.  Seine späte Nachfolgerin Angela Merkel benutzt die Metapher der Freundschaft häufig. Aus eigener Überzeugung? Oder wurde ihr dazu geraten? Und folgt die politische Redaktion der Süddeutschen Zeitung - deren Leiter: Stefan Kornelius ein kosmetisch-freundliches Buch über Angela Merkel geschrieben hat (anders als George Packer von der Zeitschrift The New Yorker) - einem Kurs der Weichzeichnung der Kanzlerin? Eine Freundlichkeit wäscht die andere?  Die Kitt-Vokabel Freundschaft ist jetzt über 60 Jahre alt. Langsam müsste sie aufgebraucht sein. 
(Überarbeitung: 26.12.2014)

Dissonanzen III: Demokratie-Zutrauen

Die zwölf Geschworenen haben in Missoula Markus Kaarma für schuldig befunden, den Austauschschüler Diren Dede erschossen zu haben. Hans Holzhaider kommentiert das Institut einer jury (Süddeutsche Zeitung vom 19.12.2014, S.4):

"Man kann lange nachdenken über die Vorzüge und Nachteile des Geschworenenprozesses - eines Prozesses also, in dem nicht Berufsrichter, sondern zwölf Männer und Frauen aus der Bevölkerung über Schuld oder Unschuld eines Angeklagten entscheiden. Er verführt Anklage wie Verteidigung dazu, die Schlacht im Gerichtssaal mit Emotionen und Appellen an tiefsitzende Instinkte zu führen. Er kann die Rechtssprechung daran hindern, sich von rassistischen Klischees und Vorurteilen zu lösen.

Aber der Geschworenenprozess kann auch für sich in Anspruch nehmen, dass seine Urteile tatsächlich das Rechtsgefühl einer Mehrheit spiegeln. So gesehen, ist die Verurteilung Markus Kaarmas ... ein ermutigendes Signal".

Als ich mit meinem englischen Freund ein Verfahren im Kölner Amtsgericht verfolgte, wunderte er, studierter Jurist, sich sehr über den Richter, der ständig eingriff, explorierte und kommentierte. Er fand das ziemlich unübersichtlich. Im angelsächsischen Gericht heißt der bei uns so genannte Beschuldigte - der den Begriff des Angeklagten ablösen soll - : the defendant. Um ihn wird tatsächlich gekämpft oder gestritten. Jedes Gerichtsverfahren - bei uns und in demokratisch verfassten Gesellschaften - vermittelt und expliziert den institutionellen Rahmen und den Geist des Gesetzes. Die jury operiert im Amt der Geschworenen als das institutionalisierte Zutrauen des Rechtssystems in die Vernünftigkeit und Anständigkeit der demokratisch gesinnten Bürgerinnen und Bürger; sie ist die tiefe Hoffnung auf das Funktionieren demokratischer Institutionen. Die tief sitzenden Instinkte haben im Prozess der Urteilsfindung nichts zu suchen; das gemeinsam getroffene Urteil ist der Beleg für deren Zivilisierung.

Dissonanzen II: Wissenschafts-Unfreundlichkeit?

Im Profil - Teil  der Süddeutschen Zeitung (19.12.2014, S. 4) berichtet Christof Kneer über den Dortmunder Bundesliga-Fußballspieler, dem für das Fahren ohne Fahrerlaubnis (in mehreren Fällen) die Geldstrafe von 540.000 Euro auferlegt wurde. "Die Geschichte von Marco Reus", schreibt Kneer,  "erzählt mehr über das Milieu, in dem er tätig ist, als manche wissenschaftliche Abhandlung das könnte. Diese Geschichte erlaubt einen Blick in eine entrückte Welt, in der schon Talente über jedes Maß hinaus hofiert werden und gleichzeitig ungeschriebenen Regeln folgen müssen, um in der Parallelwelt einer Mannschaftskabine akzeptiert zu werden. Zu diesen Regeln gehört das Auto, dessen technische Daten ebenso den Stellenwert eines Spielers wiedergeben wie die Monstrosität des Gehalts".

Den ersten Satz mit dem Schlenker manche wissenschaftliche Abhandlung hätte Christof Kneer sich sparen können; der zweite sagt genug. Der erste Satz spielt mit dem Vorurteil (vermeintlich) ertragloser, wissenschaftlich orientierter Studien, ohne sie zu benennen; der zweite spricht von ungeschriebenen Regeln, von denen ich gern gewusst hätte, wie sie die Lebensrealität und den Realitätssinn eines Spielers bestimmen.   

Dissonanzen I: Schuld und Bühne

 Schuld und Bühne ist der Titel des Berichts von Nico Fried und Thorsten Denkler über Sebastian Edathy (SZ, 19.12.2014, S. 3, Nr. 292), den ehemaligen Bundestagsabgeordneten, der seine Version über die ungeklärten Abläufe des Verdachts kinderpornographischen Bilder-Konsums, der Veröffentlichung des Verdachts und dessen Ermittlung, der vermuteten Strafvereitelung, der Beendigung seiner Mitgliedschaft in der S.P.D., der Aufgabe seines parlamentarischen Mandats mit der Folge der Zerstörung seiner Existenz in der gestrigen Bundespressekonferenz in Berlin präsentierte. Schuld und Bühne ist ein flapsiges Wort-Spiel; es schlägt einen seltsamen Ton an in einer für unsere demokratischen Institutionen gravierenden Folge von offenbar mehreren Grenz-Verletzungen im Dienste des Parteien-Interesses: die Koalitionsverhandlungen von C.D.U. und S.P.D. standen möglicherweise auf dem Spiel.

Ohne die Prozesse und die Beziehungen der Beteiligten zu kennen, räsonnieren die Autoren über Jörg Ziercke, den früheren Chef des Bundeskriminalamtes:
"Es ist ein Kuddelmuddel an Erzählungen, Vermutungen, Interpretationen, das letztlich zu einer Frage führt: Kann ein Mann, der es bis zum Präsidenten des BKA gebracht hat, wirklich so blöd sein, sich aus parteipolitischem Opportunismus wiederholt der Strafvereitelung im Amt schuldig zu machen? Und kann er noch ein bisschen blöder sein und dafür eine dritte Person ins Vertrauen zu ziehen und quasi als
Postillon d'amour einzusetzen?"

Blödheit - gleichgültig, auf wen sie zutreffen soll (auf den Erfinder der Erzählung oder auf den Verdächtigten) - enthält den Blick der Verachtung und unterschätzt die Bedeutung der Beziehungen und Verpflichtungen politischer Gefüge. Der eingesetzte Untersuchungsausschuss wird dies hoffentlich befriedigend klären.

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Bundesdeutsche Kontinuität: der Unmut über die Kultur der Beschämung und über den Zwang zur Identifikation

Pegida spricht sich herum. Pegida ist das Akronym für: "Patriotische Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes". Pegida tritt montags in Dresden und anschließend in den elektronischen und in den Printmedien auf. Manchen wird das zu viel. "Pegida ist eine Schande für Deutschland", sagte der Bundesjustizminister Heiko Maas in seinem Interview mit der SZ (15.12.2014, S. 1 und S.5; Nr. 288), "die Argumente von Pegida sind doch wirklich hanebüchen". Er hatte vergessen, dass der Artikel 5 unseres Grundgesetzes keine Aussagen zur Qualität von Meinungsaussagen für die Voraussetzung von Meinungsaussagen macht. Gestern druckte die SZ auf der oberen Hälfte ihrer Seite Drei (17.12.2014) ein gestochen scharfes (für Zeitungs-Verhältnisse) Foto der riesigen Gruppe, die im Bild-Hintergrund verschwand und im Vordergrund das Transparent hielt: "Gewaltfrei und vereint gegen Glaubenskriege auf deutschem Boden! PEGIDA". Der Text von Cornelius Pollmer hatte den Titel und Untertitel: "Abend im Land. Islamhasser? Rassisten? Nazis in Nadelstreifen? Allein schon die eher hilflosen Reaktionen auf Pegida zeigen, wie schwer es ist, dieses Phänomen zu deuten. Über die Anziehungskraft von Angst, Wut und Übermut". Am 7. 12. hatte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung getitelt: "Die neue Wut aus dem Osten". Autor: Stefan Locke. Untertitel: "Die Bewegung nennt sich Pegida, sie wehrt sich gegen die 'Islamisierung des Abendlandes'. Jede Woche demonstrieren Tausende. Und es werden jedes Mal mehr".

Was kommt auf uns zu? Nichts Neues aus Waldhagen möchte ich mit dem (paraphrasierten Titel) einer Schulfunk-Sendung (des WDR aus den 50er Jahren) antworten. Die neue Wut aus dem Osten ist auch eine alte Wut aus dem Westen. Wir hatten sie vor ein paar Jahren mit der Publikation des Sarrazin-Buches (s. meinen Blog Was sollen bloß die Leute denken? vom 17.10.2010) und wir hatten sie 1998, als Martin Walser in seiner unfriedlichen Rede zum Friedenspreis in der Frankfurter Paulskirche von unserer Schande sprach und damit auf projektive Weise über die Unerträglichkeit unserer Geschichte klagte. Die Schande ist das Stichwort: das Gefühl permanenter Beschämung als der affektive Kern bundesdeutscher Identität und als das Resultat der (identifikatorischen und introjektiven) Aufnahme und Übernahme des institutionellen demokratischen Rahmens vor allem angelsächsischen Zuschnitts. Die Beschämung ist der affektive Kern der Anstrengung, die mörderische Katastrophe des Nationalsozialismus in die bundesdeutsche Identität zu integrieren. Die Beschämung verdrängte in den ersten Nachkriegsjahrzehnten die Klärung der Schuld und der Verantwortung. Man kann es an zwei Buch-Publikationen illustrieren: 1966 erschien Karl Jaspers Arbeit Wohin treibt die Bundesrepublik?, 1967 die Arbeit von Margarete und Alexander Mitscherlich Die Unfähigkeit zu trauern. Die Arbeit des Psychoanalytiker-Ehepaares wurde als eine Art kollektiver Selbst-Vorwurf rezipiert und missverstanden; die Unfähigkeit zu trauern stellte vor allem die Frage, was aus der Idolisierung des nationalsozialistischen Staatschefs geworden war. Diese Frage ist bis heute nicht angemessen beantwortet worden, weil die Erörterung nationalsozialistischer Sympathien sofort tabuisiert wurde und deshalb keinen ausreichenden Platz erhielt im öffentlichen Diskurs. Das war offenbar - verständlicherweise - zu schwierig. Tabus haben Folgekosten. Karl Jaspers Frage nach der Schuld verhallte. Die unzureichende Klärung der Grade von Schuld wurde zu Westdeutschlands Hypothek.

Die Empfindlichkeit für die Schande blieb - weshalb regelmäßig der Schlussstrich gefordert wurde. Das war natürlich naiv. Unsere Vergangenheit blieb und bleibt gegenwärtig. Ebenso gegenwärtig blieb und bleibt der Impuls, sich nicht dem Konsensus der Beschämung fügen zu müssen in einer bundesdeutschen Identität. Jetzt kehrt er wieder im projektiven Gewand einer Art kultureller Sorge, in der sich der Wunsch verdichtet, sich nicht verbiegen zu müssen im Prozess der demokratischen Evolution unserer Lebensverhältnisse. Pegida sagt -  so übersetze ich die sprachlose Demonstration der Teilnehmerinnen und Teilnehmer - : Wir haben einen dicken Hals; der demokratische Prozess geht zu weit; so schnell möchten wir uns nicht verändern und uns durch fremde Kulturen bestimmen zu lassen.

Was ist mit Pegida?  Pegida repräsentiert das Problem der Verständigung über das Gefühl der Beschämung und das Problem der Schwierigkeit, darüber ins Gespräch zu kommen. Man kann es auch anders sagen: wir haben die vertraute Frage vor uns, ob wir unsere Identität als deutsch oder bundesdeutsch verstehen und leben wollen. Diese Widersprüchlichkeit ist so alt wie die Bundesrepublik. Sie kehrt in dem Satz des Bundesjustizministers von der Schande für Deutschland wieder - mit dem er ironischerweise die meinte, die sich eher als deutsch verstehen. Die Auseinandersetzung um die bundesdeutsche Identität  ist noch jung. Der Prozess, wie wir unsere Demokratie wachsen lassen und gleichzeitig unsere nationalsozialistische Geschichte integrieren können, läuft.
(Letzte Überarbeitung: 21.12.2014)

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Lektüre einer politischen Lektüre III

Heute, am 17.12.2014, beschäftigt sich Nico Fried von der SZ (Nr. 290, S. 4) mit der Bankrotterklärung, die die Parteivorsitzende Angela Merkel in Köln an ihren Koalitionspartner adressierte (s. meinen Blog vom 10.12.2014).  Nico Fried liest die deftige Vokabel so:

"Vor allem aber war das, was eine Provokation Merkels an die Adresse der SDP daherkam, eigentlich die verkappte Liebeserklärung einer treuen Seele. Denn nach neun gemeinsamen Jahren ist klar, dass die Kanzlerin ohne die Sozialdemokraten niemals geworden wäre, was sie ist - und dass sie es ohne SPD nicht bleiben kann, wenn sich eine Partei wie die AfD etablieren sollte. Die SPD ist nicht nur Merkels natürlicher Koalitionspartner, sondern eigentlich auch ihr einziger. Wahrscheinlich war sie einfach nur zu schüchtern, um das mal offen zu sagen".

Da fällt mir zuerst Alfred Hitchcocks glänzender North By Northwest (Drehbuch: Ernest Lehman) ein. Da gibt es im letzten Viertel die Szene, in der Eve Kendall (Eva Marie Saint) Roger O. Thornhill (Cary Grant) im Restaurant am Mount Rushmore (das heute ganz anders aussieht) niederschießt. Zum Glück mit Platzpatronen; denn die ganze Szene war abgesprochen und inszeniert. Das findet dann auch Leonard (Martin Landau), die böse rechte Hand des bösen Phillip Vandamm (James Mason), heraus: es war, erklärt er, ein alter Gestapo-Trick: erschieße deine eigenen Leute, um zu demonstrieren, dass du nicht auf ihrer Seite bist; dieses Mal seien es nur Platzpatronen gewesen.

Ob die CDU so raffiniert ist, weiß ich natürlich nicht. Aber dass die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin so gehemmt sein soll, glaube ich auch nicht. Bleibt die Frage, wessen Sprachrohr sie in wessen Absicht war. Mit der Rede von der Schüchternheit vergackeiert der SZ-Journalist den Zeitungsabonnenten und witzelt über seine eigene Unkenntnis und Konzeptionslosigkeit hinweg. Schüchternheit gehört in den persönlichen Kontext einer Interaktion, nicht in den öffentlichen Kontext einer politisch inszenierten Rede.

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Der CDU-Parteitag in Köln: das rhetorische Spiel der Parteivorsitzenden mit Inklusion und Exklusion

Gestern, am 9.12.2014, hielt die Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Union ihre Rede von gut 70 Minuten. Einige Kontexte greife ich auf.

1. George Packer schrieb in seinem Text The Quiet German (in der Zeitschrift The New Yorker vom 1.12.2014; s. meinen Blog vom 3.12.2014 und vom 11.1.2012) über die Rednerin Angela Merkel im Bundestag (zur Zeit des zurückliegenden Sommers): "Angela Merkel, the Chancellor of the Federal Republic of Germany and the world's most powerful woman, is making every effort not to be interesting". Angela Merkel, war mein Eindruck, als ich auf Youtube ihre Rede sah, sprach gegen diese Beschreibung an: sie hatte offenbar die Rede so gut geübt, dass sie hier und da den Text verlassen konnte, und bemühte sich um einen polemischen, deutlich gesprochenen Ton, als sie ihrem Koalitionspartner dessen Brankrotterklärung vorhielt. Was, sollte meine Vermutung zutreffen, die Frage nach den Rede-Autoren und den Rede-Regisseuren stellt.

2. Mit Liebe Freunde adressierte Angela Merkel ihre Rede an die Delegierten ihrer Partei. Man müsste die Delegierten befragen können, ob und inwieweit sie sich vom persönlichen Tonfall angesprochen fühlten. Er galt auch dem anderen, unsichtbaren Publikum, das die Rede ganz oder in Ausschnitten in den Nachrichten-Sendungen sieht und hört (Funk & Fernsehen) und in den Berichten der Presse davon liest. Liebe Freunde.

3. Angela Merkel sprach in ihrer Funktion und Rolle als Parteivorsitzende; ihre Funktion und Rolle
als Bundeskanzlerin stellten den Subtext ihres Auftritts. Ein einziges Mal markierte sie ihre Position als Parteivorsitzende - wenn ich richtig gezählt habe - ; ansonsten sprach sie in den bedeutungsvollen Kontexten aus dem Amt als Kanzlerin heraus und verwies auf die Leistungen ihrer Regierung; sie machte zumindest keine deutlichen Unterschiede. Unter dem Stichwort des Kanzlerbonus wird bei uns die parteipolitische Auseinandersetzung toleriert. Ich finde die Vermischung nicht in Ordnung. Sie ist so alt wie die Bundesrepublik. Als Bundeskanzlerin ist sie für das deutsche Volk verantwortlich; ihre Aufgabe ist die Integration - also auch ihrer Nicht-Wähler.

4. Wie in jedem Verein werden auf einer Mitgliederversammlung die Leistungen der Mitglieder gewürdigt; das dient ihrer Inklusion: die Mitglieder sollen Mitglieder bleiben. Die Inklusion dient der Selbst-Vergewisserung: es muss sich lohnen, Mitglied zu sein. Angela Merkel zählte die Leistungen der CDU-Kabinettsmitglieder sowie anderer Kolleginnen und Kollegen in politischen Ämtern auf. Die Inklusion diente der Exklusion der Nicht-Mitglieder. Vereine können das tun, aber für politische Parteien, die Wähler-Mandate repräsentieren und sich gleichzeitig um neue Wähler-Mandate bemühen, ist diese Art rhetorischer Taktik seltsam.
Im Fall ihrer Rede warb Angela Merkel für  und gegen Koalitionen: für den natürlichen Partner, wie sie sagte, der F.D.P. , und den (vielleicht) künftigen Partner der Grünen;  aber gegen die Sozialdemokraten und gegen die Linken. Zu dem Problem, Kanzlerin und Parteivorsitzende zu sein, machte sie keine Bemerkung. Mit ihrem Wort von der Bankrotterklärung der Sozialdemokraten, mit der Linke und den Grünen in Thüringen die Regierung zu bilden und den eigenen Stolz dabei zu vergessen, hackte die Parteivorsitzende Holz. Wie wohl ihre sozialdemokratischen Kabinetts-Kolleginnen und - Kollegen darauf reagieren?

5. Die Probleme der zunehmenden Armut und des wachsenden Unmuts, der sich hier und da mit der Affektion des Hasses artikuliert, ließ Angela Merkel unerwähnt - die gewalttätigen Ausbrüche in Köln vor einigen Tagen waren nur der Anlass, Hoffnung auf ihre Sicherheits-bewusste Regierung und deren CDU-Mitglieder zu machen. Ihre Rede war unscharf in der Wahrnehmung der aktuellen Not.

6. Mit 96,7 Prozent wurde die Parteivorsitzenden in ihrem Amt bestätigt. Der hohe Prozentsatz macht aufmerksam auf eine forcierte Übereinkunft der Konflikt-Vermeidung - man kann vermuten, dass das Wort von der Bankrotterklärung in seiner externalisierten Aggressivität die Verunsicherung der Parteimitglieder verdecken soll; das Ergebnis ist üblicherweise Resultat verordneter Ergebnisse und spricht für eine Demokratie-Scheu.

7. Angela Merkel pflegte die meiste Zeit ihrer Rede den Blick zurück - bis zu Konrad Adenauer. So war ihre Rede eine Variation des alten CDU-Slogan Keine Experimente - obgleich sie dafür votierte, mutig zu sein.  

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Josef Ackermann hatte Recht

"Ich habe ihm von Anfang misstraut", sagte einer der Beschuldigten im so genannten Flick-Prozess, in dem (1985) der Vorwurf der Bestechung bundesdeutscher Politiker verhandelt wurde, wobei der Fiskus um 17 Millionen Mark betrogen worden war, über den vorsitzenden Richter Hans-Henning Buchholz, "seitdem ich wusste, dass Buchholz in seinem Urlaub sein Schlafzimmer selbst renoviert". Ein Satz der Verachtung des Gerichts, so kann man ihn doch verstehen, und des Richters am Bonner Landesgericht: ein Mann, der den Farbtopf in die Hand nimmt, ist nicht normal - für einen Vielverdienenden. Die Verachtung der Jurisdikative gehört zur bundesdeutschen Geschichte. Sie hat natürlich viele Gründe. Ein für das Statusdenken, das sich um den institutionellen Rahmen nicht schert, relevanter Grund sind die Einkommen unserer Richter und Richterinnen. Heute, am 4.12.2014, war in der SZ zu lesen (S. 2), wie sehr in die Europa die Gehälter der Richter (von ledigen Berufsanfängern) differieren: in Schottland erhalten sie knapp 160.000 Euro, in der Schweiz 130.000, in England 125.000 - und in der Bundesrepublik 45.000 Euro. Wieso erhalten die Berufsanfänger unter den schottischen Richtern das Dreifache von den entsprechenden bundesdeutschen Gehältern? Wieso erlaubt sich die Bundesrepublik, die Arbeit der Hüter unserer institutionellen Ordnung unangemessen zu honorieren?

George Packer was here

Die Zeitschrift The New Yorker ist ein einzigartiges Periodikum (erscheint einmal wöchentlich) mit u.a. langen Reportage-Texten. Ich bin voreingenommen: als Schüler las ich sie im Kölner Amerikahaus, seit 1976 habe ich sie abonniert; ich hebe alle Hefte auf (leider vernichtete die Juli-Flut 2021 drei Jahrzehnte). In der letzten Ausgabe (vom 1.12.2014) ist George Packers Text zu lesen: The Quiet German. The astonishing rise of Angela Merkel, the most powerful woman in the world. George Packer, Autor des Buches Unwinding America, war als Axel Springer Fellow an der Amerikanischen Akademie in Berlin; er beschäftigte sich mit unserer Kanzlerin, interviewte, trug zusammen und kam zu einem ernüchternden Bild von ihr. Ihre Politik brachte er auf diesen Nenner: politics without politics - frei übersetzt: Politik ohne politische Substanz und ohne Streit.  George Packers Text müsste gründlich diskutiert werden. Bislang habe ich noch keine öffentliche Stimme dazu gehört.


(Überarbeitung: 29.1.2020 u. 28.9.2021)

Montag, 1. Dezember 2014

Lektüre einer journalistischen Lektüre II

"Barack Obama", schreibt Hubert Wetzel in seinem Kommentar Obamas Farbenlehre. Rassismus in den USA (SZ Nr. 273, 27.11.2014, S. 4), "ist Amerikas erster schwarzer Präsident. Doch Barack Obama war nie - und wollte es nie sein - der Präsident der Schwarzen in Amerika. Die Tragödie von Ferguson hat dieses Dilemma offengelegt". Hubert Wetzels Erwartung nach fand der U.S.-Präsident keine deutlichen Worte "gegen den alltäglichen Rassismus in Amerika und die Gewalt der Polizei".
Fazit von Hubert Wetzel: "als politisches Thema hat Rassismus Obama offenbar nie besonders interessiert".

Wie das? Offenbar nie besonders interessiert. Ist Barack Obama blind für die Bedeutung und die Wirkung seiner Hautfarbe als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika? "Eine große Rede zum Verhältnis von Schwarzen und Weißen" ist Hubert Wetzel zu wenig. Wieso? Kann man sein Interesse - eine schwache Vokabel - messen an der Zahl seiner expliziten öffentlichen Beiträge dazu? Was ist mit seinem impliziten, permanenten Beitrag als Repräsentant des Präsidenten-Amtes? Zählt der nicht? Hubert Wetzel folgt dem Konzept direkter (konfrontativer) Aussprache: das nur das Ausgesprochene zählt - nicht das unausgesprochene Symbolisierte. Damit folgt er einer eingeschränkten Konzeption interaktiver Kommunikation. Er hört nur, aber er sieht nicht.

Womit er einer alten deutschen Tradition folgt, in der die Höflichkeit - die interaktiv abgestimmte Zurückhaltung -  negativ konnotiert ist, wie Norbert Elias bemerkte: denn ehrlich sind die Taktlosen, die aussprechen, was andere anscheinend nicht auszusprechen sich trauen. Auf das bisschen Porzellan kommt es nicht an. Es kommt sehr darauf an. Hass wird nicht dadurch kuriert, dass man ihn ausspricht, indem er beim anderen oder den anderen lokalisiert wird und zum massiven Vorwurf gerät. Hass wird dadurch gemildert, dass man gute Erfahrungen macht - beispielsweise mit einem U.S.-Präsidenten, der nicht auszuschließen, sondern einzuschließen versucht.