Freitag, 19. Dezember 2014

Dissonanzen I: Schuld und Bühne

 Schuld und Bühne ist der Titel des Berichts von Nico Fried und Thorsten Denkler über Sebastian Edathy (SZ, 19.12.2014, S. 3, Nr. 292), den ehemaligen Bundestagsabgeordneten, der seine Version über die ungeklärten Abläufe des Verdachts kinderpornographischen Bilder-Konsums, der Veröffentlichung des Verdachts und dessen Ermittlung, der vermuteten Strafvereitelung, der Beendigung seiner Mitgliedschaft in der S.P.D., der Aufgabe seines parlamentarischen Mandats mit der Folge der Zerstörung seiner Existenz in der gestrigen Bundespressekonferenz in Berlin präsentierte. Schuld und Bühne ist ein flapsiges Wort-Spiel; es schlägt einen seltsamen Ton an in einer für unsere demokratischen Institutionen gravierenden Folge von offenbar mehreren Grenz-Verletzungen im Dienste des Parteien-Interesses: die Koalitionsverhandlungen von C.D.U. und S.P.D. standen möglicherweise auf dem Spiel.

Ohne die Prozesse und die Beziehungen der Beteiligten zu kennen, räsonnieren die Autoren über Jörg Ziercke, den früheren Chef des Bundeskriminalamtes:
"Es ist ein Kuddelmuddel an Erzählungen, Vermutungen, Interpretationen, das letztlich zu einer Frage führt: Kann ein Mann, der es bis zum Präsidenten des BKA gebracht hat, wirklich so blöd sein, sich aus parteipolitischem Opportunismus wiederholt der Strafvereitelung im Amt schuldig zu machen? Und kann er noch ein bisschen blöder sein und dafür eine dritte Person ins Vertrauen zu ziehen und quasi als
Postillon d'amour einzusetzen?"

Blödheit - gleichgültig, auf wen sie zutreffen soll (auf den Erfinder der Erzählung oder auf den Verdächtigten) - enthält den Blick der Verachtung und unterschätzt die Bedeutung der Beziehungen und Verpflichtungen politischer Gefüge. Der eingesetzte Untersuchungsausschuss wird dies hoffentlich befriedigend klären.

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