Donnerstag, 23. Juni 2022

Die psychosoziale Katastrophe: eine Mutter verhält sich nicht als Mutter - wo ist der Vater?

Vor ein paar Tagen las ich die Notiz von einer Mutter, die nachts ihr dreijähriges Kind in einem Auto zurückließ, das schreiend und offenbar in großer Not von einem Polizeibeamten aus dem Auto befreit wurde. Die Mutter wurde mit ihrem Partner gefunden; sie hatte eine Alkohol-Konzentration im Blut von 2,0. Sie konnte nicht mehr fahren; ihr Partner konnte es noch und fuhr sie mit dem Kind nach Hause. Das Jugendamt wurde eingeschaltet. Die Notiz - ich hatte die Zeitung inzwischen in den Papiermüll gegeben; aber die Notiz ging mir nach - beschreibt die Hilflosigkeit einer Mutter und die Traumatisierung eines Kindes mit offenbar ungünstigen Lebenschancen. Hoffen wir, dass das Jugendamt sich ausreichend um Kind und Mutter und Vater und deren Lebenschancen kümmert.

 

Mittwoch, 22. Juni 2022

Angela Merkels Beharrungskräfte sind ganz schön beharrlich - wie beharrlich kann Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft & Klimaschutz, sein?

Von Beharrungskräften sprach Angela Merkel hier & da, als sie zur Bilanz ihrer Regierungstätigkeit befragt wurde. Die Beharrungskräfte der Bundesdeutschen hätte sie unterschätzt. Leider wurde sie nicht dazu gefragt, wen sie meinte. Man kann es sich zusammenreimen: vor allem die Lobbyisten deutscher Industriebranchen, die sie in ihrem Büro nicht in Ruhe regieren ließen. Sie fand wohl, das ist ihre Tragik, keine Verbündete, die sie unterstützt hätten. Wie sehr sie sich darum bemühte, wissen wir nicht; werden wir vielleicht auch nicht erfahren. Gegen den auf Neudeutsch genannten mainstream des öffentlichen offenen, verschwiegenen oder verborgenen Konsensus anzugehen, ist schwierig, wenn nicht sogar aussichtslos. Hat sie es versucht? Wer weiß das? Ist Nachgeben & Laufenlassen gestattet?

Der mainstream ist manchmal wie aus elastischem Beton. Man kann ihn nicht sehen, aber spüren: an der Gummi-artigen Beharrlichkeit - meiner Auffassung nach der beste Seismograph dafür - , die Einführung robuster Geschwindigkeitsbegrenzungen so auszupendeln, dass deren Befürworter ermüden, erlahmen und aufgeben. 2011, als Mittel zur Verbesserung der Wahlchancen - der ruckartige Ausstieg aus der atomaren Energie-Versorgung!!-, durchgesetzt.....aber konsequent vernachlässigt, folgte Angela Merkel den bundesdeutschen Beharrungskräften der 70er Jahre, als die Atom-Energie das Paradies des konstanten Wachstums versprochen hatte. Was für eine schöne Illusion! Wohin mit dem Dreck wußte damals keiner; der Konsensus von damals lautete: aber wir fangen schon mal an und setzen auf den (unsichtbaren) Fortschritt. 

Beharrungskräfte sind ein schwaches Wort für die Wucht dieser Illusionsbildung, mit der wir koste es was es solle an unseren Lebensfantasien festhalten. Friedrich Merz & Christian Lindner sind die neuen freundlich-besorgten Propagandisten. Noch steht Robert Habeck im Weg; die Barrieren und Stolpersteine werden gerade aufgehäuft. Hält Robert Habeck seinen Kurs? Im Augenblick hält er seine politische Linie des Realitätsgeschäfts bei - die nationale Kompensation der russischen Energiequelle Gas - mit seiner Entscheidung für den am wenigsten zerstörerischen Ersatz Kohle für einen kurzen Übergang. Atom-Energie ist für uns eine Illusion; sie ist kompliziert, aufwendig und man kriegt sie nicht los.  Man kriegt den Abfall nicht los und man kriegt  die Illusion nicht aus den Köpfen. Robert Habecks Entscheidung ist vernünftig - aber  nicht so verführerisch wie die strahlende Energiequelle Atom. Was meinen Sie: wann werden sich die Propagandisten der paradiesischen Illusion durchsetzen und Robert Habeck verschleißen?  


 

Klischees verrühren: der Streik der britischen Transportgewerkschaft (Journalismus-Lektüre: Beobachtung der Beobachter 102)

 Heute Morgen lese ich in der F.A.Z. : "Böse Erinnerungen" - Überschrift des Kommentars auf Seite 15 (22..6.2022). Woran? Der Autor Philip Plickert schreibt: "Der große Bahnstreik, der derzeit halb Großbritannien lahm legt, weckt auf der Insel böse Erinnerungen an das Chaos in den Siebzigerjahren, als militante Gewerkschaften versuchten, ihre Forderunge durchzusetzen". Die National Union of Rail, Maritime and Transport Workers (RMT) hat zum Streik aufgerufen.

Der Autor ist nicht auf der Seite der Streikenden. Böse Erinnerungen ist der Bluff eines Journalisten, der sich gar nicht erinnern kann: er wurde am 24.9.1979 geboren, weswegen er sich an die 70er Jahre nicht erinnern kann. Wessen Erinnerungen meint er? Sagt er nicht. Er sagt in bestem Journalisten-Schreib': auf der Insel. In der zweiten Hälfte der 70er lebte ich in North Yorkshire. North Yorkshire ist nicht London. Ich erinnere mich: Kurz vor 20.00 Uhr musste eine kleine Auktion beendet werden - ein Haushalt wurde versteigert - , weil der Strom abgeschaltet wurde. Keiner murrte. Keiner protestierte. Es ging ganz fröhlich zu. Ich hatte den Eindruck: diese Art von Abwechslung war willkommen. Diese Leute waren auf der Seite der Streikenden. Es war auch die Zeit der Drei-Tage-Woche: so lange wurde gearbeitet. Hinterher wurde hier & da berichtet: in diesen drei Tagen wurde so effektiv gearbeitet wie zuvor in fünf Tagen. Großes Hallo in der Presse. Die Franzosen sollten sich diese Studien besorgen. Und Philip Plickert sollte die Klappe halten und sich nicht von Ferne (über den Umweg von GB)  einmischen in den Streik unserer Leute von den Universitätskliniken.