Montag, 11. Juni 2012

Körper-Sprache und Stahlhelme

Früher in den 50er Jahren, so ich mich richtig erinnere, musste man die hier und da auf Raufereien wartenden Jugendlichen mit diesem Verhaltensmuster passieren: Wenn man sich anschaute, durfte man nicht zuerst die Lider niederschlagen, zudem musste man seinen Blick schweifen lassen und ihn nicht fixieren. So präsentierte man sich cool und gab sich raufpotent und ließ sich nicht als einfaches Opfer ausgucken. Dass das heute unter Körpersprache subsumiert wird, wussten wir natürlich nicht. Wir kannten auch das Substantiv Opfer nicht als ein unter Jugendlichen sehr kränkendes Schimpfwort. Die so genannte Körpersprache hat den alten militärisch getönten Appell, der mit einem Schlag auf den Rücken kommuniziert wird - Kopf hoch, Brust raus, Bauch rein - assimiliert und verfeinert. Heute muss man sich noch breitbeinig stellen. Dann spricht der Körper seine einschüchternde Sprache. Das Konzept der Körper-Sprache beruht auf einem Konzept direkter Wirkung: Wenn ich bestimmte Muskeln anspanne, teile ich mich gespannt (kräftig) mit. Philip Furley, Sportwissenschaftler in Köln, sagte dazu im Kölner Stadt-Anzeiger (vom 9./10.6.2012, S. 11 im Magazin): "Zumindest führt es dazu (das Anspannen, G.B.), dass er in den meisten Fällen bei seinem Gegner einen positiven respektvollen Eindruck hinterlässt und dadurch seine Chancen erhöht, treffen zu können". Das ist die Frage. Der erste Eindruck ist für die Sympathie- und Antipathie-Abschätzung wichtig. Aber erst danach wird es interessant. Wie ich den ersten Ball annehme und ihn passe, ist aufschlussreich. Stehen ist einfach, Spielen ist eine hochkomplexe psychomotorische Koordination, die vom Affektsystem entscheidend beeinflusst wird. Das wusste offenbar unser bundesdeutscher Fußball-Co-Trainer Hansi Flick, der der Sprache des forcierten Körpers beim Warten auf die Exekution eines der portugiesischen Mannschaft möglicherweise zugesprochenen Freistoßes nicht traute, weshalb er zu dem einst einschüchternden Ausrüstungsgegenstand des deutschen Militärs griff, das, mit dem Wort des Auftrumpfens - Wehrmacht - belegt,  wütete und irreparables Leid hinterließ: dem deutschen Stahlhelm. Mit seiner unglücklichen Metapher sagte Hansi Flick: 1. Wir haben Schiß, da hilft kein Muskel-Pressen; 2. der portugiesische Spieler CR 7 schießt unglaublich scharf; 3. wir brauchen Unterstützung. Dass er sich so klein machte und ans deutsche Militär dachte, ist schade. Im Eifer des Turnier-Gefechts kommen einem die blödsinnigsten Ideen. Das war uncool.

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