Montag, 10. Dezember 2012

Die Einladung, die eine Ausladung war

Gestern, am 10.12.2012, strahlte das RTL ihre Sendung Extra - die Ergänzung zur Sendung Bauer sucht Frau - aus. Ein Beitrag lautete: "Plötzliche Vaterschaft" - wenn eine Mutter mit eigenen Kindern die Partnerin eines Bauers wird, der damit Stiefvater wird. Ein Fernseh-Team aus Redakteur, Kameramann und Tonmeisterin war am vergangenen Freitag an dem gut einstündigen Gespräch beteiligt, in dem ich, der Autor eines Buches über die Stieffamilie oder Patchwork-Familie, zu dem Problem der schnellen Vaterschaft befragt wurde. Ich halte die Stieffamilie für eine schwierige, Konflikt- und Spannungs-reiche Lebensform und bin skeptisch, ob ein Paar damit auf Anhieb gut zurecht kommt. In dem Gespräch beschrieb ich die Komplikationen und die Notwendigkeit, sich Zeit zu nehmen, den stieffamiliären Alltag zu besprechen, um sich abzustimmen und einzustellen auf diese Form von voraussetzungsvoller Elternschaft.

Dass der Beitrag drei meiner Sätze aufgenommen hatte - einer war unverständlich, die beiden anderen nichtssagend - , überraschte mich nicht. Aber ich war perplex, als ich hörte, wie der Kommentar im Off behauptete, ich hätte es nicht geschafft, zu meinen Stiefsöhnen ein "herzliches Verhältnis" zu finden, und ich lebte allein. Der Subtext des Kommentars lautete für mich sofort: Das hat der Psychologe davon; er ist das Opfer seines Berufs geworden. Meine Frau lachte schallend, unsere Tochter erhielt eine SMS von einem Klassenkameraden, der sich über die veränderten Lebensverhältnisse wunderte und mein Stiefsohn war besorgt, ob ich mich damit als Autor nicht in die Nesseln gesetzt hätte. Später ärgerte ich mich über mich selbst: Bei der "plötzlichen Vaterschaft" hätte ich aufmerken müssen. Eine Redaktion, die mit der Bedenkenlosigkeit rascher Beziehungsaufnahmen ein Geschäft zu betreiben versucht, möchte sicherlich nichts über die Bedenken eines Psychologen erfahren. Die Einladung an mich war zwar ausgesprochen, aber nicht ernst gemeint, und ich hatte sie angesichts der Gelegenheit,  den Kopf wieder aus dem Fenster zu stecken und mich begucken zu lassen, gebauchpinselt  angenommen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen