Dienstag, 26. November 2019

Journalistische Verachtung und journalistischer Klatsch - Zeitungslektüre 93 (Beobachtung der Beobachter)

Die Ermittlungen zur Frage der Amtsenthebung des U.S. Präsidenten laufen. Sie sind teils öffentlich, teils nicht öffentlich. Majid Sattar, Journalist der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hat sie neulich für die Sonntagsausgabe beschrieben (F.A.S. vom 24.11.2019, S. 7). Der Titel seines Textes: "Der Fürst und der Ringer". Der Untertitel: "In den Anhörungen gegen Donald Trump wird mit harten Bandagen gekämpft. Ein Demokrat und ein Republikaner prügeln sich für ihre Parteien".

Prügeln sich Adam Schiff, der Kongreßabgeordnete der demokratischen Partei, und Jim Jordan, der Kongreßabgeordnete der republikanischen Partei? Sich zu prügeln ist die Beschreibung aus der Position dessen, der distanziert auf das kindliche oder jugendliche Entwicklungsniveau herabschaut - ob sich dieser Erwachsene auch amüsiert?

Was sagt Majid Sattar über Adam Schiff?

"Er zelebriert seine Rolle. Die Geschäftsordnung weist dem Vorsitzenden eine mächtige Stellung zu. Die 'Ausschussfürsten', wie sie früher genannt wurden, dominieren das Verfahren". Irgendwie irgendwo hat Sattar den Fürsten aufgeschnappt.

Majid Sattar:

 "Als Schiff wieder einmal Jordan zurechtweist, klagt dieser: 'Sie können andere so oft unterbrechen, wie Sie wollen, aber wir....' Er kommt gar nicht dazu, den Satz zu beenden, da Schiff wieder zum Hammer greift. Handwerklich reicht dem Demokraten keiner das Wasser. Kühl steuert der 59 Jahre alte frühere Staatsanwalt die Ermittlungen".

Halten wir fest: kühl führt Adam Schiff den Vorsitz. Was sagt Majid Sattar noch?

"Schiffs Stärke ist aber auch seine Schwäche. Mit stets zu weit geöffneten Augen liest er die Manuskripte ab, die seine Mitarbeiter für ihn verfasst haben. Alles an ihm wirkt einstudiert. Echte Emotionen zeigt er so gut wie nie".

Majid Sattar legt einen Maßstab für Verhalten zugrunde: zu weit geöffnete Augen, alles einstudiert, echte Emotionen so gut wie nie. Was meint er damit? Majid Sattar unterschätzt den strapaziösen Prozess der Ermittlungen. Kann er sich schlecht einfühlen in die Protagonisten? Offenbar. Er hält Adam Schiff für: überheblich. Dann beschreibt er seine Beobachtung vom vergangenen Donnerstag (21.11.2019): "Schiff setzt an zum Schlusswort. Sein Gesicht ist gerötet, die Stimme nicht mehr so fest wie an den Tagen zuvor". Was sagt ihm seine Beobachtung?

Nichts.



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