Donnerstag, 10. August 2023

Wie dringlich ist die Digitalisierung?

Sehr. Die anderen Länder sind schneller. Wir hinken hinterher. Wir vertrödeln den Fortschritt. Wir leben in einer Digitalisierungswüste. Die Wüste ist das Bild der kollektiven Not. Die Bundesrepubklik Deutschland trocknet aus. 

Ist das so? Die Zeitung für die klugen Köpfe alarmierte mich am 2.8.2023 mit der Schlagzeile auf ihrer ersten Seite: "Ampel plant Kürzungen am Digitalbudget". Oh je. Statt 377 Millionen nur noch 3,3 Millionen. Schon wieder Kürzungen an der falschen Stelle. Schon wieder die Ampel: schon wieder die Mädels & Jungs von der Abteilung exekutiver Unernst. Sie wurschteln vor sich hin und machen dies & das. 

Jetzt propagiert unser Gesundheitsminister das Verfahren des elektronischen Rezepts. Klingt einfach. Alles nur die Sache eines einfachen Klicks. Dann gibt es kein rosa Papier mehr.. Kein Signieren und kein Abzeichnen mehr. Alles ruckzuck in Sekundenschnelle. Aber was ist mit unsereins, der sich mühselig im World Wide Web bewegt und sich im digitalen Labyrinth ständig verirrt? Leider lebt unsere Tochter gute 200 km von uns entfernt und kann mir nicht regelmäßig raushelfen. Digitalisierung ist schön und klingt gut, aber wer macht mich fit? 

Schreiben muss man erst erlernen, bevor man es kann. Autofahren muss man erst lernen, bevor man es darf. Das Bewegen in den tausenden von Millionen von digitalen Kontexten kann man so irgendwie - irgendwer zeigt's einem, und wenn es Karl Lauterbach selber ist. Das ist die große Lüge und die große Illusion. Kein Wunder, wenn wir hinterher hinken. Wer läuft regelmäßig gern vor die Wand?

Die Digitalisierung ist eine Invasion. Wir müssen drauf vorbereitet werden. Sie versteht sich nicht von selbst. Zuerst müssen die Kontexte der Digitalisierung geklärt werden. Welche Kontexte sollen digital übersetzt & aufbereitet werden? Und dann muss sie uns jemand beibringen. Das geht natürlich nicht einfach und ist teuer. Das Beispiel des schulischen Unterrichts gibt eine Idee von der Höhe des Aufwands.  

Wir haben eine Schulpflicht. Sie macht uns halbwegs fit. Was ist mit der Digitalisierung? Wie lernen wir, uns digital zu bewegen? Eine Tasse Tee zum geduldigen Nachdenken wäre nicht schlecht. Das Beispiel der digitalisierten Patientenakte. Ist das eine gute Idee? Klingt gut, ist aber kompliziert. Wie gut ist die Information einer Akte? Eine riesige Daten-Menge hat sich möglicherweise angesammelt. Sich da durchzuscrollen, dauert und dauert. Wahrscheinlich wäre der Anruf der Kollegin oder des Kollegen effektiver - wenn doch nur diese Form des Austauschs honoriert würde! Die digitalisierte Akte soll den Kontakt ersetzen: die mechanische Lösung statt einer menschlichen. Und natürlich müssen für vernünftige Forschung die riesigen Datenmengen  medizinischer Interventionen zur Verfügung stehen. Das muss gut geplant und geschützt sein. Das geht nicht schnell. Schlagwörter helfen da nicht. Und das Super-Schlagwort Digitalisierung muss von Fall zu Fall gründlich überlegt sein. Wir mögen hinterherhinken - aber Hinterherstolpern ist schlecht.

 

(Überarbeitung: 11.8.2023)    

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen