Freitag, 14. Juli 2017

Neues von der Heiligen Kuh XXXXXV: die Weiden werden knapp

Sie erinnern sich noch an das Thermofenster, das die Mercedes-Leute vor einiger Zeit einführten, um ihre Not mit dem Diesel-Motor  zu erläutern? Er muss erst warm laufen und seine Abgase komplett loswerden, bevor sie gefiltert werden können. Wie lange muss das Fenster  geöffnet bleiben? Sagten die Mercedes-Leute nicht. Aber sie sagten genug: der Diesel braucht zu lange.

Vor ein paar Monaten haben wir unseren Mercedes-Diesel verkauft. Baujahr: 2005. Laufleistung: 310.000 km. Ein gut zu fahrendes Auto. Der dritte Turbolader war gerade eingebaut worden. Jetzt
war das Aggregat, das den Motor zusätzlich aufheizt, damit er auf Betriebstemperatur kommt, ausgefallen und sollte teuer ausgetauscht werden. Das war uns genug. Seitdem fahren wir einen
Mercedes-Benziner. Ob das besser ist, muss man sehen. Aber der Ausfall des Aufheizungsaggregat lehrt: die Diesel-Technik ist kompliziert und teuer. Sie wird am Leben gehalten mit Tricks & Täuschung. Der Betrug ist auch ein Schutzmanöver - für welche Interessen auch immer. Er spricht eine deutliche Sprache. Man muss sie nur ernst nehmen.

Was sagte unsere Kanzlerin vor ein paar Tagen? Laut F.A.Z. vom 12.7.2017 (S. 17): "Wir haben den Diesel immer protegiert und sollten deshalb auch nicht einfach abrücken, weil er weniger CO2-Emissionen verursacht". Unsere Regierungen haben die Autoindustrie schon immer protegiert und ihr die Verkehrspolitik überlassen. Jetzt wickelt sie sich ab - und wir kriegen die Quittung für die grandiose, Milliarden-verschwendete, automobile Hochrüstung der letzten fünf Jahrzehnte. Jetzt sollen wir - drängt die Automobilindustrie - einen Verkehr bekommen, der wie ein großzügig subventionierter Nahverkehr daher kommt und mit dem euphemistischen Etikett autonomes Fahren propagiert wird: wie auf Schienen, fein geordnet hinter- und nebeneinander in mäßigem Tempo werden wir uns dann bewegen können. Aber wahrscheinlich ist das autonome Fahren eine der verzweifelten industriellen Zuckungen, im Geschäft zu bleiben. Denn wer soll das bezahlen?

Wie kommentiert die F.A.Z. die Tragödie politischer und industrieller Blindheit? Abteilung Wirtschaft, S. 17 (14.7.2017): "Der Abgasskandal kommt Daimler näher" - lautet die Schlagzeile. Die Katastrophe kommt - von irgendwoher. Nein, sie kommt von - von den Mercedes-Leuten. Offenbar sollen die Mercedes-Leute nicht verantwortlich sein: irgendein Wetter schlägt gewaltig um und setzt ihnen zu. Die (redaktionell zuständigen) Leute von der Zeitung aus Frankfurt gehen erst einmal in Deckung.


(Überareitung: 16.7.2017)

    

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