Mittwoch, 28. März 2018

Vertrautes von den betrügerischen Hütern der Heiligen Kuh (64): der Chef von VW wird gepampert

"Die zwei Gesichter des Matthias Müller", ist der Text von Carsten Germis überschrieben - erschienen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 27.3.2018 (S. 20, Nr. 73). Matthias Müller ist der Chef des Wolfsburger Konzerns, der beharrlich die Sprachregelung für die Verniedlichung des massiven Betrugs, die Abgasvorschriften zu verletzten, durchgesetzt hat: als Dieselthematik. Dessen  zwei Gesichter sind: seine "analytische Arbeitsweise" einerseits und seine "undiplomatische" Redeweise andererseits. Undiplomatisch nennt man in unserer Umgangssprache, wie man so sagt, eine ehrliche Haut. Mit dem Klischee spielt Carsten Germis. Aber Matthias Müller ist keine ehrliche Haut. Er  sagt das, was die Konzernleitung ihm aufgetragen hat zu sagen; ansonsten klagt er  über die Ungerechtigkeit, dass ihm hier und da ein Betrug vorgehalten wird.

Carsten Germis reagierte auf das SPIEGEL-Gespräch, das Susanne Amann und Simon Hage mit Matthias Müller geführt hatten (SPIEGEL Nr. 13 vom 24.3.2018, S. 84 - 87). Das Gespräch ist glatt - Neues erfährt man kaum. Es ist schade, dass der SPIEGEL nicht veröffentlicht, welche Fragen nicht gestellt werden durften und wie oft der Text zwischen Hamburg und Wolfsburg hin und her ging in Sachen Bügeln & Glätten. Was man erfährt: sich der Öffentlichkeit aussetzen zu müssen, ist eine Zumutung für den Mann aus Wolfsburg; der strafrechtlich relevante Betrug war ein Fehler - also eine Kleinigkeit; die Belastung der Städte mit den Auspuffgasen haben sie unterschätzt - passiert schon mal. Was man nebenbei erfährt: das stattliche Gehalt bekommt Matthias Müller der immensen Verantwortung wegen und, jetzt wird es interessant, weil man als "Konzernchef" ...."immer mit einem Fuß im Gefängnis steht". Das ist doch was. Der Chef von VW spricht ein geläufiges rechtsstaatliches Ressentiment von den willkürlich exekutierten Gesetzen aus, die einem eine Rechtsposition nicht zubilligen: wenn man drankommt, kommt man dran. Mit etwas Fantasie kann man sich die Herren in der Zentrale des Konzerns vorstellen, wie sie über den Rechtsstaat feixen - weil sie sich ausnehmen. Man darf sich nur nicht erwischen lassen. Dann ist man arm dran und muss sich rechtfertigen. Offenbar haben die Haus-Juristen den Interview-Text nicht gegen gelesen; so  kann man doch seinen Chef nicht über unsere demokratische Verfasstheit sich verplappern lassen.

Auch das ist nicht so neu. Wir kennen das Klagen der Herren aus den Nürnberger Prozessen. Wir kennen das Feixen eines Herrn (mit Schweizer Pass) aus dem Düsseldorfer Prozess, als der ehemalige Deutsche Bank-Chef sich mit seiner Victory-Geste sehr sicher wähnte. Wirklich neu (für mich) war Matthias Müllers Beleg für die Veränderung der Konzern-Kultur:

"Wir haben die Aufzugssteuerung verändert, der hält jetzt auch für normale Mitarbeiter an, wenn der Vorstand ihn benutzt".

Junge, Junge, in Wolfsburg tut sich was: an der Herren-Kultur wird gefeilt. Die Herren fühlen sich offenbar nicht so wohl in ihrer Status-aufgeblähten Haut. Das würde Matthias Müller nicht zugeben; man muss es erschließen. Dieser Satz muss hier als Beleg ausreichen: "Mein Ziel ist, dass meine Mitarbeiter Hierarchien akzeptieren, sie aber nicht überinterpretieren". Klar doch, die Herren geben sich freundlich, lassen aber weiter antreten; Murren über die Status-Pingeligkeit der Herren ist nicht gestattet. Wer will unter solchen Macht-besoffenen Herren arbeiten? 

Bleibt noch die Frage: welche Sorgen macht sich der Journalist Carsten Germis von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit seinem Kotau vor dem Mann aus Wolfsburg?  

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