Montag, 13. Dezember 2021

Neues von der Heiligen Kuh (93) - sie wird gerade vehement verteidigt in Briefen an die Redaktion der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"

Am 3.11.2021 veröffentlichte Edo Reents in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seinen Tempo-Limit- freundlichen Text Mein Maserati fährt 310 - sein Plädoyer für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen und gegen das hochmotorisierte Ausfahren potenter Limousinen. Das lesen deren Besitzer natürlich nicht gern. Schließlich geht es um existenzielle Grundprobleme: Selbstbild, Selbstpräsentation und Machtbedürfnis. Das ist seit den 70er einigermaßen gut erforscht. Man kann nur nicht drüber sprechen. Es geht um sehr intime Kontexte. Inwieweit sie verantwortlich sind für das, was so nett Unfallgeschehen auf unseren Straßen heißt - besonders auf den Autobahnen - , wissen wir nicht genau, aber wir können es schätzen. Was wir von qualitativen Studien genau wissen ist: die Geschwindigkeitsdifferenzen auf den Autobahnen sind das Problem. Der  Fluss des Fahrens wird unruhig. Geschwindigkeitsdifferenzen erweisen sich in den Interaktionen des Fahrens als Machtdifferenzen: das Autofahren wird zu einer Dauer-Kränkung der Unterlegenen; wer sich aus dem Mithalten herauszuhalten versucht, kriegt irgendwann den Hintermann oder die Hinterfrau zu spüren: durch den Herrsch-Gestus des dichten Auffahrens (weg da!) der wenigen (meine Erfahrung) Piloten oder Pilotinnen, die zügig heranbolzen und im Rückspiegel drängend auftauchen. Diese interaktive Dimension des Autobahnfahrens zu erforschen - ihr Ausmaß und ihr Einfluß -, ist schwierig und aufwändig. Man müsste sie genau kennen. In allen Diskussionsbeiträgen - ausführliche Leserbriefe, denen die Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen beträchtlichen Platz einräumt - , werden die Interaktionen des Fahrens auf den Autobahnen ausgeblendet. So ist in jeder Mitteilung an die Redaktion jeder Pilot und jede Pilotin im hochgerüsteten Fahrzeug - ein Engel. Es sind übrigens meistens Männer, die sich rechtfertigen.

 

          (Überarbeitung: 19.9.2023)

 

 

 

 

 

 

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