Montag, 8. Juni 2015

Politik-Lektüre VIII: "Mutti" ist wieder im Einsatz!

Manchmal kann man Erstaunliches lesen. So gestern, am 7.6.2015, in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (S. 3): "Mutti", lautet die große Überschrift des Textes von Thomas Gutschker, "Angela Merkel hat in dieser Woche viel politisches Kapital eingesetzt. Sie will Alexis Tsipras retten. Warum nur?"

Ja, warum? Angela Merkel und Alexis Tsipras "haben in den letzten Monaten ein ziemlich gutes, sogar herzliches Verhältnis zueinander entwickelt", schreibt Thomas Gutschker. Ich wüsste gern, wie und wo er diese Art von Sympathie getragener Beziehung beobachtet hat. Sie ist die Erklärung dafür, dass die Bundeskanzlerin den griechischen Ministerpräsidenten unterstützt. Gutschker schreibt:

"Am Montag nahm Merkel die Sache in die Hand, sie griff so offen ein wie nie zuvor. Krisengipfel im Kanzleramt, mit Hollande und den Chefs der drei Institutionen (EU, EBZ, IWF). Nur die Chefs. Es stand nie zur Debatte, Schäuble einzuladen. Auch Dijsselbloem, der niederländische Finanzminister und Vorsitzende der Eurogruppe, musste daheim bleiben. Merkel wollte den Knoten durchhauen".

Mehr oder weniger im Alleingang? Ist das in Ordnung? Was ist mit dem Gedanken der Gemeinschaft?

Wir kriegen eine bekannte Geschichte erzählt - den Prototyp altdeutscher Sozialisation: Mutter verbündet sich hinter Vaters Rücken mit den Kindern. Das alte Drama in den schrecklichen vier Wänden deutscher Haushalte. Funktioniert so unsere Politik?

Wahrscheinlich nicht. Wenn Sympathien so einfach regieren, geht es drunter und drüber. Die Akteure würden ihren Amtseid verletzen. Ich nehme an, Thomas Gutschker mag die psychoanalytisch unterfütterten, grell ausgeschmückten, großzügig erschlossenen Polit-Narrative. Was man vielleicht sagen kann: die Beamten vom Bundeskanzleramt und vom Finanzministerium sind mächtig zerstritten. Es grummelt in der Union. Eine alte Geschichte. Macht das Bundeskanzleramt etwa, was es will? Vergisst es den Macht-Auftrag der Partei? Die Eine strahlt, die anderen fallen ab? Wie bei manchen lokalen Politikern, die nicht mehr Oberbürgermeister großer Städte sind - wie jetzt in Dresden?


(Überarbeitung: 9.6.2015)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen