Mittwoch, 19. August 2015

Baden in lauem Wasser: Journalismus-Lektüre VIII

"Verlustverschleierung" hat Philip Plickert heute in der Frankfurter Allgemeine (19.8.2015, S. 15) seinen Kommentar im Wirtschaftsteil überschrieben. Die ersten beiden Sätze sind mir nachgegangen:
"Unangenehme Tatsachen vor den Wählern zu verschleiern gehört zum Geschäft der Politik. Im Zuge der 'Eurorettung' hat die europäische Politik darin eine wahre Meisterschaft entwickelt".

Ist Verschleiern das Geschäft der Politik? Nein, es ist das Geschäft des Machterhalts. Mit ordentlicher Politik hat das nichts zu tun. Und es ist das Geschäft des Journalisten, das Geschäft des Machterhalts zu beschreiben, um eine ordentliche Politik zu unterstützen. Philip Plickert ist da seltsam zurückhaltend. Der letzte Satz seines Kommentars zu den jetzigen europäischen Vereinbarungen ist reichlich unscharf: "Ökonomisch gesehen ist die Wirkung identisch mit einem Schuldenschnitt, nur hofft die Politik, der dumme Michel werde das nicht verstehen".

Wer ist: die Politik? Und wer ist: der dumme Michel? Wo steht der Autor? Er steht am Beckenrand des Nicht-Schwimmer-Beckens und hält den Zeh ins Wasser. Richtig zu schwimmen traut er sich nicht. Er nennt keine Namen. Er lässt den beiden Protagonisten unserer Regierung das Geschäft des Machterhalts durchgehen: lauer Journalismus.

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