Donnerstag, 12. September 2019

Neues zum Fahrer-losen Autofahren: das Vergnügen an Schnapsideen - zur Heiligen Kuh (90)

Das Vergnügen an Schnapsideen ist weit verbreitet. Sie werden intensiv verfolgt, weil sie klotzige Geschäfte versprechen. Nehmen wir das Fahrer-lose Fahren. Milliarden werden in die Forschung gepumpt. Wieso? Das Geschäft muss gerettet werden: die Produktion und der Verkauf vieler Kutschen. Natürlich gibt es ein Argument der Beschwichtigung: ohne Kutscher fährt die Kutsche, weil die Kontrolle und die Steuerung riesige Rechner übernehmen, sicher, fehlerfrei und ohne Unfälle. Der hohe menschliche Preis erübrigt sich. Allerdings erst in Jahrzehnten; wenn die
Forschung einen Maschinen-Kutscher in die Kutsche setzen kann.

Wenn irgendwem etwas an der Reduktion der Unfälle und des vielen Leids gelegen wäre: könnte er sofort handeln und müsste nicht lange auf den Fortschritt der Forschung  warten. Der individuelle Autoverkehr müsste drastisch heruntergebremst, der öffentliche Verkehr gewaltig gefördert werden.  Das aber ist, wie unser jetziger Verkehrsminister neulich sagte, schwachsinnig. Unfallopfer müssen wir leider weiter in Kauf nehmen. Wo gehobelt wird, fallen eben Späne - und werden dann entweder auf dem Friedhof entsorgt oder im Krankenhaus aufgelesen.

Jetzt hören wir aber ganz schnell in ein Gespräch zwischen zwei Fachleuten hinein: Thomas Sedran, der Chef der VW-Nutzfahrzeuge, und Alexander Hitzinger, der Leiter des Zentrums für Fahrer-loses Autofahren, tauschen sich aus (F.A.Z., 5.9.2019, S. 22).

Alexander Hitzinger: "Wenn es (das Rechner-gesteuerte Auto) das nicht könnte, wäre es schlecht. Das autonome System muss schon antizipieren (kursiv von mir), was ein menschlicher Fahrer macht. Und es muss sich selbst sehr ähnlich verhalten, damit es sich nahtlos ins Verkehrsgefüge einpassen kann".

Frage: Was ist an Baustellen, wo sich so gut wie kein Autofahrer an die Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h hält?

Thomas Sedran: "Da sehen Sie, wie komplex das Thema ist. Dann wäre das Roboterauto ein rollendes Hindernis".

Ein Hindernis! Das Roboterauto kennt nicht die täglichen Fragen der wechselnden Regeltreue - sprich: Korruption.

Wie auch? Es ist eine Maschine, der Menschen per Programmierung gesagt haben, was es tun soll. Praktizierte Korruption ist schwer zu programmieren, zudem gesetzeswidrig.

Das Roboterauto kann auch nicht antizipieren. Alexander Hitzinger betreibt Begriffsschmuggelei. Die vermeintliche Vorausschau einer Maschine besteht im Verrechnen von vielen in einem ausgemessenen Umfeld geschehenen Verhaltensereignissen zu einer Bewegungsrichtung - salopp gesagt: vergangene Verhaltensweisen werden hochgerechnet zu einer (nahen) Zukunft. Wir aber haben den Eindruck einer antizipierten Handlung sofort - weil wir in der Lage sind, mit einer fremden Bewegung mitzugehen: uns in einer gemeinsamen Gegenwart zu bewegen. Die Maschine hinkt prinzipiell immer hinterher; nur die gewaltige Rechnergeschwindigkeit erlaubt ihre Annäherung an eine zukünftige Gegenwart. Was übrigends auch bedeutet: das Roboterauto wird nicht schnell fahren
können.

Was sagt uns das? Die beiden Herren haben  den Unterschied zwischen Mensch & Maschine noch nicht richtig begriffen. Aber vielleicht interessiert sie der Unterschied nicht: sie sind die schlichten Propagandisten ihres Geschäfts.   

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