Mittwoch, 11. September 2019

Heulen & Zähneklappern: viel Platz in Frankfurt auf der IAA für die Heilige Kuh (89)

Ich kenne keine Industrie, die so unverfroren, kindlich & grandios fantasiert wie die bundesdeutsche Automobilindustrie und deren Propagandisten. Letztes Beispiel: Porsches Taycan - die Limousine mit vier Türen und Elektroantrieb. "Porsche startet mit 761 PS ins Elektrozeitalter", titelte die F.A.Z. (5.9.2019, S. 26). Die heimliche oder nicht so heimliche Botschaft: Kein Grund zur Sorge. Wir bolzen weiter wie bisher. Was kostet die Welt. Was schert uns die Zukunft. Was irritiert uns die Klimakatastrophe. Porsche liefert die Protz-Position.

Holger Appel von der F.A.Z. (10.9.2019, S.1) rutscht auf seinem Schreibtischstuhl hin & her, die (vermuteten) Tränen (des Trotzes) in den Augen und stampft beim Tippen der Überschrift seines Textes mit den Füßen: "Jetzt erst recht zur IAA". Er schreibt:

"Jede Nation wäre stolz auf eine solche Industrie: Sie ist innovativ, gibt Millionen Menschen Arbeit, ihre Produkte sind die besten der Welt und überall begehrt. Doch Deutschland hat es geschafft, das Ansehen seiner Autobranche im eigenen Land an die Wand zu fahren. Amerika, China, Japan, ja sogar Frankreich schauen dem Treiben staunend zu und lachen sich ins Fäustchen".

Lesen Sie weiter. Das Schönste kommt noch.

"Die Selbstzerstörung hat ihren Kern im Diesel-Betrug von Volkswagen, damit aber nur noch wenig zu tun".

Betrüger verderben sich ihr Geschäft ein für alle mal. Das ist doch bekannt und weiß jeder, der oder die noch bei Trost ist. Der massive Betrug der VW-Leute, das ist die schlichte Wahrheit, war deren beste Lösung in ihrem Geschäft mit den gewaltigen Gewinn-Margen. Sie pfiffen auf Rechtsstaatlichkeit, Anstand, Gesundheit und Klimakatastrophe und auf ihre von ihnen abhängigen Leute und Kunden: wie gewöhnliche Kriminelle. Punkt zwei: das Tagtraum- und Fantasie-Konzept vom Auto als der individuellen Kutsche für alle Wege & alle Entfernungen läuft aus als nicht mehr zeitgemäß. Punkt drei: Die Autoindustrie hat diese Entwicklung mit allen PR-Kräften ignoriert und gegengehalten. Punkt vier:  Einige Konzerne (vor allem VW) versuchen, Fakten zu schaffen und unsere Regierungen zu erpressen, die Infrastruktur zu finanzieren, um weiterhin ihre Millionen Kutschen - modifiziert um einen von schweren Batterien gefütterten elektrischen Antrieb - ausstoßen zu können. Punkt fünf: Die einzelnen bundesdeutschen Konzerne sind enorm über den Antrieb zerstritten, wie sie dieses Konzept durchsetzen können. Punkt sechs: Die Milliarden-schweren Markt-Anstrengungen leben von der Annahme, dass die mit der ihnen anscheinend jetzt entgegenkommenden Klima-Katastrophe notwendigen und verbundenen Regulationen ihr Geschäft sichern mögen. Punkt sieben:  Die Automobilindustrie, grandios in der Verleugung unserer Zukunft, sich rechtzeitig um ein anderes Konzept der Mobilität zu kümmern und ihre buchstäblich wahnsinnigen Produktionszahlen zu reduzieren und andere Arbeitsplätze zu ermöglichen, schlittert. Deshalb: Heulen & Zähneklappern. 

(Überarbeitung: 10.11.2019)   

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