Freitag, 14. August 2020

Der Chor der Empörung

Das Geschäft mit der Empörung läuft. Vorgestern oder Vor-Vorgestern, ich bin mir unsicher, legte Ingo Zamparoni, unser öffentlich-rechtlicher Schlaumeier im Dienste seiner (unbekannten) Redaktion, in den Tagesthemen mit einem seiner scheußlich schrillen Anrempler los: Konnten Sie das nicht vorher wissen? - Nein, das konnte der bayrische Ministerpräsident nicht wissen. Er war zu schnell.  Ein einfacher Vorschlag, großzügig und großspurig an die politisch relevante Öffentlichkeit adressiert, erweist sich als eine schwierig zu realisierende Idee. Das wissen wir alle: die Wirklichkeit ist immer komplizierter als man fantasiert. Söders bayrische Variation des Merkelschen Wir schaffen  das ist eben nicht so einfach zu schaffen. Wir haben alle den Fehler gemacht, die Zahl der Tests zu unterschätzen, sagte Andreas Zapf, Präsident des Bayrischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Eine sicherlich zutreffende Auskunft (F.A.Z., 14.8.2020, S. 8) -  eine ehrliche Auskunft, würde ich sagen, nicht verpflastert mit Sätzen zum Einlullen. Das kam, so die Vermutung in der Zeitung für die klugen Köpfe, offenbar nicht gut an: Zapf wurde von Markus Söder ins Innenministerium versetzt. Der bayrische Ministerpräsident selbst entschuldigte sich vor Kameras und Mikrophonen.

Ich warte auf den Moment, an dem  Ingo Zamparoni von einem der Angerempelten ausgelacht wird mit der Antwort: Weil ich es nicht wusste. Vor dem nassforschen Fernseh-Mann gehen so Viele in die Knie und reden sich vor ihm raus - anstatt ihm zu sagen: Sie stellen schlichte Fragen, die unmöglich so einfach zu beantworten sind. Leider will ein Mann wie Markus Söder offenbar gefallen; und außerdem konkurriert er heftig. Dass er unsere Kanzlerin zu kopieren und zu übertreffen beabsichtigt, ist kein gutes Zeichen. 

Der bundesdeutsche Chor der Empörung ist auch kein gutes Zeichen. Wohl ein Beleg für die Unbedarftheit und/oder Unverfrorenheit einiger öffentlicher Berichterstatter - als seien sie noch nie in Kontakt gekommen mit der Komplexität unserer Wirklichkeiten. Sollte ihr Geschäft des Planierens sie blind gemacht haben? 

Hier ein Beleg: Jasper von Altenbockum, der Mann von jener Zeitung für die...Sie wissen schon...der sich auskennt in politischen, psychosozialen Prozessen, hat seinen heutigen Kommentar auf der ersten Seite überschrieben mit "Söders Grenzen". Ha! Er räsonniert: "Es könnte der erste Tag in seiner Amtszeit gewesen sein" - als Markus Söder sich mit einer tiefen Verbeugung entschuldigte - , "an dem ihm Bayern als Heimat tatsächlich groß genug ist". Über wen spricht Jasper von Altenbockum?  


(Überarberitung: 31.8.2020)

 


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