Freitag, 11. Dezember 2020

Sofort! Sofort! Sofort!

Die Redaktion der Tagesthemen ist im allgemeinen gut eingestimmt auf die affektiven Bewegungen der Öffentlichen Diskussion, weshalb ich sie (fast) regelmäßig abends einschalte. Gestern, am 10.12.2020, begannen sie mit einem Bericht über die alarmierende Überlastung einer Intensivstation  der Berliner Charité mit der Versorgung sehr gefährdeter, an Covid 19-erkrankter Patienten.  Heyo Kroemer, der Chefarzt der Abteilung, war von Caren Miosga um eine Auskunft gebeten worden. "Wir sind an der Grenze des Machbaren", sagte er, "insofern ist aus unserer Sicht (der Leopoldina-Gruppe) jeder Tag, an dem wir nicht aktiv werden, ein Tag, der erheblich zu der Problematik beiträgt. Ich hatte gesagt, sie ist beherrschbar, aber sie ist an der Grenze der Beherrschbarkeit". Caren Miosga: "Es wäre also gut, das Leben vor Weihnachten noch weiter runter zu fahren?" - "Ich würde es nicht mit dem Wort gut verbinden", antwortet Heyo Kroemer, "es ist meines Erachtens unbedingt notwendig zu reagieren...." Mit dem Hinweis auf den kommenden Sonntag, an dem die Regierungsspitzen sich erneut abstimmen wollen, und dem Dank an ihn, beendete Caren Miosga den Austausch.

Warum sagten sagen beide nicht: Sofort! Sofort! Sofort!?? Christian Drosten wurde in seinem Dienstags-Podcast deutlich: Es gebe derzeit eine Stimmung in der Öffentlichkeit, vor der er und seine Kolleginnen und Kollegen in Deckung gehen möchten, weil sie sich nicht mehr richtig zu sagen trauten, was ist; auch er hoffe, dass die  aversiv gestimmte Öffentlichkeit nach seinem Podcast nicht wieder über ihn herfällt....Das Wort sofort ging Heyo Kroemer nicht über die Lippen. Und Caren Miosga sprach nicht für ihn die Dinglichkeit des Sofort! aus.  

Die falsche Zurückhaltung der A.R.D.  trägt zur Klärung nicht bei. Die unsystematische Konfrontation sachunkundigen, aber polemischen Getöses in Kurzbefragungen der Tagesschau oder in  den wöchentlichen Rederunden, die Wahrhaftigkeit versprechen, aber mit Krawall sympathisieren, helfen wenig.  Beschwichtigungen mit falschen Versprechungen und unrealistischen Hoffnungen sind (politisch) kostspielig. Die großmütterlichen Appelle, garniert mit einer lauen, flauen Werbung für eine schlecht verstandene Wissenschaftlichkeit sprechen die Not der Hilflosigkeit unserer Kanzlerin aus, den auf das Wohl des deutschen Volkes geleisteten Eid nicht mehr richtig erfüllen zu können; sie hängt fest in dem Netz ihrer Verpflichtungen, die Machtverhältnisse zu erhalten, was  es ihr schwer macht, uns den sprichwörtlichen reinen Wein einzuschenken: Die Normalität kehrt nicht wieder; die Impfung ist ein riesiges Projekt und Experiment; sie wird Jahre brauchen; die Folgen der Pandemie sind immens; exorbitant sind die nationalen wie internationalen Folgekosten der Erderwärmung.



 

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