Donnerstag, 25. Februar 2021

Jetzt haben wir den Salat. Das Durcheinander ist angerichtet und wird serviert

 Es kann einem schlecht werden, wenn man die Fernseh-Nachrichten einschaltet. Die Impfstoffe sind da, aber der von den britisch-schwedischen Produzenten hergestellte und mittlerweile gelieferte Astra Seneca gefällt nicht. Jetzt purzeln die Bausteine der so hübsch & vertrauensvoll genannten Impf-Strategie wie ein  Dominospiel gegeneinander. Die Logik der Priorisierung funktioniert nicht. Die störrischen Leute, die nicht zu ihren vereinbarten Terminen kommen, machen die Pläne zügiger Impfung zur Makulatur. Mit dem Impfstoff stimmt was nicht: auf seltsame Weise hat sich dieses Vorurteil durchgesetzt und in einem Ressentiment organisiert, das unsere Öffentlichkeit taumeln lässt.

Wieso?

Es reicht nicht, mit Umfragen Prozentanteile der Zustimmung und Ablehnung herauszufinden.  Eine gründliche Forschung muss her. Manche Leute scheinen an ihren und an fremden Lebensinteressen desinteressiert zu sein. Die Dringlichkeit ist noch nicht verstanden worden. Das gilt für andere Lebenskontexte (Erderwärmung, Armut, Ungleichheit) auch und hat natürlich viele Gründe. Die alte deutsche Wissenschafts-Feindlichkeit ist einer. Wenn die Forschung sich nicht sicher ist, wartet man eben ab. Unsicherheit zuzugeben, ist redlich; sie spricht für das wissenschaftliche Vorgehen einer Forschung, nicht gegen sie. Das ist trivial, aber kein Konsensus. Ein Verständnis für die Komplexität unserer Wirklichkeiten fehlt. Weshalb unsere Politikerinnen & Politiker getrieben werden, ständig Auskunft über das Tempo zu geben - wobei sie offenbar auch gern rennen. Eine einfache Idee ist schnell auf dem Markt der Öffentlichkeit offeriert; bis sie zu einer funktionierenden Wirklichkeit wird, ist ein enorm langer Weg. Das kennen wir doch aus unserer Arbeitspraxis in Institutionen oder Organisationen, wie gute Ideen, Pläne, Konzepte versickern und versanden in den Wirklichkeiten der Beziehungen, Verpflichtungen, Arbeitsabläufen, Hierarchien und Abhängigkeiten. Nichts geht schnell. Nichts ist einfach.

Die aufgeregte Ungeduld, die die öffentliche Diskussion unterhaltsam, aber unverantwortlich unterhält im Dienste ihres Geschäfts, ist ein anderer Grund. Die Qualität der öffentlichen Lautsprecher schwankt zwischen schlecht und gut - im Ausmaß ihrer Korrumpiertheit durchs Geschäft. Die Redaktionen der Rederunden der öffentlich-rechtlichen Sender lassen die Schlaumeier gegen die Leute, die ihr Fach verstehen, antreten und machen keine Unterschiede; zudem muss eine Fach-fremde Politikerin oder ein Fach-fremder Politiker dabei sein, um den Disput aufzupeppen und um das politische Establishment, das, wie unsere Kanzlerin einmal von sich sagte, immer im Wahlkampf wäre, zu befrieden - gemäß des gewählten Proporzes. Der Presseclub der A.R.D. ist eine Ausnahme. Die Hilflosigkeit des politischen Establishments ist kein gutes Zeichen. Die Modelle und Konzepte der Fachleute werden nicht ausreichend übersetzt in eine verständliche Sprache,  diskutiert und hinsichtlich ihrer Leistungen gegeneinander gehalten. So erfüllen sich auf geheimnisvolle Weise die Einschätzungen der guten Fachleute, während andere mit ihrem Stuss auftauchen, nach einiger Zeit abtauchen und wieder auftauchen. auto motor und sport listet ständig die tops & flops der Akteure der Mobilitätspolitik (im weitesten Sinne) auf. Unsere Tageszeitungen sollte sie auch nachhalten. Und schließlich die Sprache schlechter Politik, die mit falsch verstandenen Vokabeln (lockdown, Kontakt, Lockerung, Normalität, Kampf und Bekämpfung) eine Kommunikation des Hin & Her und des Auf & Ab zwischen Mahnen, Flehen, Trösten,  Versprechen und Drohen bestreitet und die Wirklichkeit der gegenwärtigen Pandemie weich zeichnet - wozu ich auch den Aufruf unseres Bundespräsidenten rechne, mit einer Gedenk-Feierlichkeit an die (im Kontext der Pandemie) Verstorbenen zu erinnern.


(Überarbeitung: 27.2.2021)

 

 


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