Dienstag, 3. November 2015

Wohlhabend und ungern wohlhabend

Gestern (2.11.2015, Nr. 254) eine Meldung in der Frankfurter Allgemeine Zeitung, ganz hinten (S. 21), wo nur die fleißigen Leserinnen und Leser hinkommen, die Zeit für ein ausgiebiges Frühstück haben: "NRW kauft neue Steuer CD. Es geht wohl um Dividenden-Stripping in Milliardenhöhe".
Das Wort Dividenden-Stripping hatte ich noch nie gehört. Es geht um Steuerbetrug: die Kapitalertragsteuer, entnehme ich dem Text, die auf Dividendenerträge erhoben werden, lässt man sich mehrfach erstatten durch Käufe, Verkäufe und Rückkäufe. Mein Philosophie-Professor hätte dazu vielleicht gesagt: ist kompliziert, aber nicht schwierig. Jedenfalls haben offenbar auf diese Weise "institutionelle Investoren, möglicherweise aber auch Privatpersonen Steuern in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags oder kleinen Milliardenbeitrags hinterzogen".

Die Formel vom kleinen Milliardenbetrag ist freundlich und zeitgemäß: Was sind schon Milliarden im Vergleich zu Billionen? Die Landesregierung NRW ist nicht dieser Auffassung. Die neue CD ist die neunte Angekaufte. Die Landesregierung verzeichnet 1.8 Milliarden Euro Steuer-Nachzahlungen - bei 22.300 Selbstanzeigen seit 2010. Der SPIEGEL, so die Meldung, schätzt fürs ganze Land einen Nachzahlungsbetrag von vier bis fünf Milliarden Euro bei 120.000 selbstanzeigende Bundesbürger. Kleine Beträge, die auf nicht so kleine Einkommen verweisen. Wir sind - vermutlich - bei der alten (schwierigen) Lebensfrage: wann ist Genug genug?

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