Montag, 19. September 2016

Journalismus-Lektüre (Beobachtung der Beobachter) XXXIV: Krach im Haus - wer versteht die Bundeskanzlerin am besten?

Vor ein paar Tagen, am 16.9.2016, kam Patrick Bahners mit seinem Text auf die erste Seite des Feuilleton-Buches (F.A.Z., S. 9, Nr. 217) Ein ganz und gar phantastischer Aufwand. Ist Merkel-Kritik jetzt Volkssport? Die ganze Meckerei wirkt hilflos, lächerlich und misogyn - denn auf die Kanzlerin kommt es an. Wieder ein erstaunlicher Text. Patrick Bahners stellte sich ritterlich vor die Kanzlerin und seinen Kollegen entgegen.  Zuerst denen von der ZEIT, die vor genau einem Jahr geschrieben hatten: weiß die Kanzlerin, was sie tut? Das ist natürlich eine unscharfe Frage - man könnte sie jedem stellen. Seit Sigmund Freud wissen wir, dass wir weder Dame noch Herr im eigenen Haus sind. Aber die Bundeskanzlerin hat ja ein Team von Beraterinnen und Beratern, die versuchen, die Folgen der politischen Bewegungen abzuschätzen. Allerdings wirken die politischen Bewegungen, so denn welche initiiert werden, manchmal nicht oder kaum durchdacht. Letztes Beispiel: die Politik der Inklusion oder Exklusion der Menschen in Not. Plastisches Beispiel: die Zustimmung und die Ablehnung der atomaren Energie-Versorgung. Zudem werden manche Entscheidungen als nicht des Nachdenkens wert, weil alternativlos deklariert.

Dann wendet sich Patrick Bahners gegen Wolfgang Streecks kritische Bilanz der bundesdeutschen Politik. Patrick Bahners weist auf dessen (erste) Publikation in der London Review of Books hin, aber verschweigt - oder hat er es vergessen? - , dass seine Zeitung eine Überarbeitung des Textes im Mai publizierte (s. meinen Blog vom 3.5.2016). Schließlich kritisiert er das Geschäft seiner eigenen Kollegen von der F.A.Z., die von Ferne ihre Beobachtungen politischer Bewegungen verpsychologisieren. Leider bleibt er beim Vorwurf und unterschlägt das grundsätzliche methodische Problem des Journalismus. Nun gut.

Was ist jetzt erstaunlich? Patrick Bahners' F.A.Z.-Kollegen rücken von ihrer Merkel-Idolisierung vorsichtig ab. Wenn er die Kollegen der ZEIT und Wolfgang Streeck angeht, meint er seine Frankfurter oder Berliner Kollegen und Kolleginnen (je nach Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung). Was eine Vermutung zulässt: Krach in Frankfurt und in den Redaktions-Dependancen. Was eine weitere Vermutung nahe legt: Patrick Bahners verlässt bald das Haus.   

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen