Montag, 16. Januar 2017

Neues von der Heiligen Kuh XXXXIX: ein Hüter steht am Pranger

Das Drama der Wolfsburger Anstrengung, das Ausmaß der Verantwortung der Konzernspitze bei dem systematischen Betrug zu vernebeln, konturiert sich weiter. Gestern erschien in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (15.1.2017, S. 24) der ausführliche Text von Corinna Budras mit diesen Überschriften:

"Angeklagt. Im Diesel-Skandal greift die amerikanische Justiz jetzt durch. Sie erhebt Anklage gegen sechs VW-Mitarbeiter und lässt den Manager Oliver Schmidt in Miami verhaften. Wer ist dieser Mann? Und was hat er mit dem Betrug zu schaffen?"

Man kann ihn sehen auf dem - fast die Hälfte der Seite füllenden - Foto, das im Sheriff Office Broward County (wo er fest gesetzt wurde) bei seiner Aufnahme gemacht wurde: übliche U.S.-Praxis, die bei uns nicht üblich ist - Oliver Schmidt am medialen, weltweit verbreiteten Pranger, der strafrechtlich relevante Betrug hat ein Gesicht bekommen, seine öffentliche Beschämung und Isolierung sind eingeleitet, das Verfahren noch längst nicht eröffnet. Das ist beabsichtigt. Die U.S.A. sind ein tief religiöses Land. Mögliche, noch nicht rechtskräftige Schuld exponiert den Beschuldigten enorm; ein Preis wird bereits entrichtet - der Beschuldigte wird übrigens im Gerichtsverfahren defendant genannt. Wie wird Oliver Schmidts Familie das Foto aufnehmen, seine Freunde, Bekannten und seine Kollegen? Werden seine anderen Kollegen die weltweite Präsentation ihres Gesichtes zum Schutz anderer Kollegen offerieren wollen?

Corinna Budras zitiert eine elektronische Post (offenbar vom Frühjahr 2014), mit der Oliver Schmidt seine Kollegen nach der alternativen Orientierung fragte:

"Zunächst einmal sollte entschieden werden, ob wir ehrlich sein sollen.  Wenn wir nicht ehrlich sind,
bleibt alles beim Alten".

Wie konnte es dazu kommen, dass Oliver Schmidt glaubte, die Frage der Ehrlichkeit wäre zu entscheiden?  

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