Mittwoch, 22. April 2020

Angela Merkels "Öffnungsdiskussionsorgie" - ihr Aufschrei der Überlastung



Die Covid 19-Pandemie zwingt zur Inventur unserer demokratisch legitimierten Lebensformen, erfordert eine schnelle Abstimmung und Zustimmung zu den staatlich verordneten Interventionen und verlangt ein solidarisches Engagement. Unsere Kanzlerin muss das Paket einführen, erläutern und behaupten. Die Pandemie lässt wenig Zeit. Wer den Clint Eastwood-Film Sully (U.S.A. 2016) kennt, weiß: Flugkapitän Chesley Sullenberger hatte gut 200 Sekunden Zeit, seine Entscheidung der Wasser-Notlandung auf dem Hudson zu treffen, zu prüfen und zu realisieren. Mit seinen Fluggästen hätte er über andere Ideen und Vorschläge schlecht diskutieren können.

Nun ist Angela Merkel nicht Chesley Sullenberger. Sie hat es nicht ganz so eilig. Aber ihren verabredeten Kurs diskutiert, relativiert und sich bedrängt zu sehen - kann sie offenbar schlecht ertragen. So verstehe ich ihre Formel von der Öffnungsdiskussionsorgie (ihrer Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen)  - als ihren (berechtigten)  Aufschrei der Überlastung angesichts der Ungeduld mancher Kolleginnen und Kollegen, das Experiment der Bewegungs-Einschränkungen durchzuhalten und dessen Auswertung abzuwarten. Bislang genügte ihr Hinweis auf die Alternativlosigkeit (die ein Missverständnis der Alternative war) oder auf ihre Kränkbarkeit, um ihre Politik durchzusetzen - aber jetzt sind die Not und die Beunruhigung über die pandemischen Ungewissheiten enorm: äußerst schwer erträglich.  Ihr Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst ist zu wenig - für die Diskussion der Abschätzung und für die Kommunikation der möglichen Vernichtungsspur, die die Pandemie in unserem psychosozialen Gefüge zu hinterlassen droht.

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