Donnerstag, 3. März 2011

Die Crux mit dem Zeigen

Gestern, am 2.3.2011, bemerkte unsere Bundeskanzlerin, als sie das Revirement zweier Ministerien vor laufenden Kameras erläutert hatte, dass sie damit ihre "Entscheidungsfähigkeit gezeigt" hätte. Der Gebrauch des Verbums zeigen ist mir nach gegangen. Es gehört zum psychotherapeutischen oder kommunikativen Jargon - Muster: Zeigen Sie Ihrer Frau, dass Sie sie lieben. Wie? Laden Sie sie zum Italiener ein! Das Zeigen soll einen Eindruck erzeugen - forcierter Lebendigkeit und Aufrichtigkeit. Zeigen Sie Ihre Gefühle! Geht das? Es geht nicht. Gefühle sind keine Dinge, die ich vorzeigen kann. Im besten Fall kann ich versuchen, sie mitzuteilen, um über mich Auskunft zu geben. Entscheidungs-fähig kann ich auch nicht vorzeigen - ich bin es oder bin es nicht. Das Zeigen operiert mit der Illusion, ich hätte mein Verhalten in der Hand und könnte es, je nach Bedarf, manipulieren. Wie Schauspieler, die vor einer Kamera oder auf einer Bühne agieren. Aber Schauspieler agieren in inszenierten Situationen. Das Zeigen hat die Inszenierung und die Kontroll-Macht vor Augen. Das Zeigen gehört nicht in den lebendigen, spontanen Kontext einer Begegnung. Das Zeigen dagegen möchte mir etwas weiß machen. Das Zeigen ist - im weitesten Sinne - Menschen-Politik. Übersetzen wir den Subtext der Bemerkung unserer Bundeskanzlerin: Es ist ganz schön eng, und ich hoffe, dass Sie mir nicht ansehen, wie schwierig meine Lage ist.

Dass Frau Merkel ihre Interessen durchzusetzen versucht, ist verständlich und übliche Praxis. Man kämpft eben mit den Mitteln, die man hat. Aber dass sie diesen Jargon benutzt, ist schade - und sagt etwas über die Qualität ihrer Beraterinnen und Berater, die ihr zu dieser Formulierung rieten.

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