Mittwoch, 29. März 2017

Worte-Fund IV: "Sie dürfen Ihre Karte rausnehmen"

Dürfen. Seit wann ist dieses Verbum so im Umlauf? "Sie dürfen Ihre Karte rausnehmen", sagten mir die Kassiererin bei Rewe und der Tankwart an der Kasse. "Sie dürfen sich setzen", sagte der Arzt. "Sie dürfen ihn nehmen", sagte die Bankangestellte, die mich auffordert, meinen Personalausweis einzustecken. Ich darf, ich darf, ich darf .... was? Ich bin jedesmal erstaunt über die Selbstverständlichkeit, die mir gestattet wird. Ich denke: eine geschraubte Formel - ähnlich der des Sich-Bedankens, bei dem die Sprecherin oder der Sprecher sich bedankt, womit der, dem der Dank gilt, vom Dank ausgeschlossen wird, worüber der oder die Adressierte sich wirklich bedanken könnte.... seltsame deutsche Sprech-Akrobatik, seit den 50ern (oder vielleicht früher?) im Umlauf als pompöse, dröhnende Höflichkeit besonders bei öffentlichen Anlässen.


Wie so oft hilft der Blick in den Kluge. Das Verbum dürfen ist das Gegenverbum zum darben. Es meint: "eine Sache genießen", "sich freuen". Wenn ich also den Kluge richtig verstanden habe, dann signalisiert das Dürfen den Auftakt zu einem Genuß. Du Darfst!  hatten wir vor einiger Zeit. Schöne Aussichten. Jetzt wird der Alltag hier & da genossen. Kleine Verrichtungen sind mittelgroße Feste.

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