Donnerstag, 29. November 2018

Journalistische Bücklinge - Beobachtung der Beobachter (79)

"Trump entzürnt über General Motors" und "GM-Fabrikschließungen verstimmen Trump": zwei Schlagzeilen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (28.11.2018, Nr. 277, S. 1 und S. 15). Zürnen und Verstimmen: gehören diese Verben in das Vokabular zur Beschreibung politischer Prozesse?

Nein. Sie gehören zum Vokabular zur Beschreibung familiärer Prozesse. Die Kinder beobachten ihren cholerischen Vater und gehen innerlich in die Knie und in Deckung vor ihm. Dass der U.S.-Präsident mit den Komplikationen seines Amtes hadert, wissen wir. Dass er sie schlecht erträgt, wissen wir auch. Seine Gefühlsregungen sind irrelevant. Die Politik, die seine Regierung in Gang setzt, ist relevant. Es ist naiv, aus der Beobachtung der Gefühlsregungen des Amtsinhabers die Politik seiner Regierung ableiten zu wollen: Viele reden und entscheiden mit. Wir kennen die internen (interaktiven) Prozesse der Abstimmung nicht.  Die Beobachtung der Gefühlsregungen eines Amtsinhabers ist der Versuch des Vertrautmachens unbekannter, unzugänglicher Prozesse. Mit Zürnen & Verstimmen haben wir sie noch nicht verstanden. Aber vielleicht beruhigen diese Verben: sie evozieren die vertrauten Familienstuben mit den kniffligen Beziehungsverhältnissen und machen aus dem präfaschistischen Regierungsrumoren eine Art Unterhaltungsvergnügen.

(Überarbeitung: 29.11.2018)

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