Donnerstag, 23. September 2021

Wer nicht hören will, muss fühlen: der seltsame (rachsüchtige) Triumph politischer Hilflosigkeit

Diesen Satz habe ich schon lange nicht mehr gehört. Er war die Paradenummer des Repertoires sadistischer elterlicher Praktiken. Du bleibst solange sitzen, bis du deinen Teller leer gegessen hast. Er ist die Paradenummer hilfloser Eltern, die ihren Ärger dem Kind auszahlen - die pseudo-pädagogische Rationalisierung des Vergeltens: wie du mir so ich dir.  Diese Interaktionslogik hat in Beziehungen nichts zu suchen. Auch nicht in politischen. Wenn man die Impfpraxis der individuellen Entscheidung versichert, kann die individuelle Entscheidung, sich gegen das Corona-Virus nicht impfen zulassen, nicht sanktioniert werden  durch das Aussetzen der Gehaltsfortzahlungen im Fall der Quarantäne einer oder eines Noch-Nicht-Geimpften. Den Bruch des Versprechens mit dem Konzept der Fairness zu bemänteln ist ein forsches oder freches Missverständnis eines wendigen Gesundheitsministers.

Wer mit dem Impfen zögert, hat verstehbare Gründe. Man muss sich dafür interessieren. Eine Frau, deren Mann in der Nachfolge einer Corona-Impfung verstarb, hat verständlicherweise Angst, sich impfen zu lassen.  Die jetzt dröhnend (vor Selbstgerechtigkeit) propagierte Regelung der Aussetzung der Gehaltsfortzahlungen ist vor allem ein Beleg für das politisch hilflose, nicht durchdachte, altmodische (rachsüchtige) Konzept, Leute  zu vergraulen & auszuschließen anstatt einzuladen & zu gewinnen  mit einer großzügigen Haltung, die darauf setzt, dass die meisten sich nach & nach impfen lassen werden und die Zahl der Noch-Nicht-Geimpften weiter und ausreichend schrumpft. 

Die Entscheidung, die komfortablen Orte des einfachen Impfens aus Kostengründen Ende September zu schließen, gehört zu dieser Interventions-Logik; zudem eine Milchmädchenrechnung, wie man sagt. Kein Signal der Einladung und Befriedung. Die politische Herrschaft verteilt weiter ihre Kränkungen. Sie lernt schlecht dazu.

 

(Überarbeitung: 1.10.2021)


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