Donnerstag, 31. Juli 2014

Monsieur Claudel und seine Schwiegersöhne

Es gibt wieder eine französische Filmkomödie - es gibt wieder etwas zu lachen: Qu'est-ce qu'on fait au bon dieu? (Regie: Philippe de Chaveron; Buch: Philippe de Chaveron und Guy Laurent).  Was haben wir dem lieben Gott bloß angetan?, könnte man den Originaltitel übersetzen. Der deutsche Verleiher brachte den Film mit dem Titel Monsieur Claude und seine Töchter in die Kinos. Die vier Töchter heiraten, wie das ja regelmäßig vorkommt, für die Eltern - Monsieur Claude ist Notar auf dem Land - die Falschen. Hier sind die Schwiegersöhne afrikanischer, arabischer, chinesischer und jüdischer Herkunft. Die Eltern sind entsetzt und fügen sich mit Anstrengung. Die gegenseitigen Klischees oder Vorurteile werden aufgetischt und verursachen einige Empörung und Hitze, aber in der zweiten Hälfte singen drei Schwiegersöhne - der vierte ist noch nicht aufgetaucht - die Marseillaise mit Inbrunst und überraschen den sprachlosen Schwiegervater, der so geneigt gestimmt wird, den letzten Schwiegersohn aufzunehmen; mit dessen Vater streitet er, betrinkt er sich, gerät ins Gefängnis und kommt wieder raus -  so, wie wir das aus dem amerikanischen Kino kennen.

Den Film fand ich entwaffend; als Vater einer Tochter und als Schwiegersohn erkannte ich mich schnell wieder. Es werden Männer-Geschichten erzählt; Männer-Freundschaften, erfahren wir, sind am leichtesten zu regeln; Männer-Umarmungen sind immer Klasse. Die Frauen schauen zuerst konsterniert zu, dann kommen sie auch in Bewegung. Die Kluft existiert; sie wird, wie in Hollywood-Filmen mit den Hochzeits-happy endings (auf den letzten Metern), gekittet. Ich wurde aufgeheitert entlassen.

Alles Lug und Trug? Hat die Bewusstseins- oder Vergnügungsindustrie wieder triumphiert? Werden die psychosozialen Konflikte Frankreichs verniedlicht - in der SZ vom 23.7.2014 berichtete Stefan Ulrich: "Furcht vor Pogromen. In Frankreich schlagen Demonstrationen gegen Israel immer öfter in antisemitische Krawalle um. Die Regierung reagiert mit scharfer Kritik und Verboten"? Die Kinoautoren machen es einem nicht schwer;  der Hass von Ressentiments kommt nicht vor; es wird nicht ernst; sie spielen. Ist das schlimm? Klar, Qu'est-ce qu'on fait au bon dieu? ist ein Märchen. So wie die beiden anderen populären Komödien, deren Protagonisten sich in der Normandie und in Paris (in einem Maserati) tummelten. Ziemlich beste Freunde (Les Untouchables) las ich als eine Art Remake des Kurt Hoffmann-Films Drei Männer im Schnee nach der Vorlage von Erich Kästner, die er 1934 (als seine ironische Kompromissleistung) noch in der Schweiz publizieren konnte. Die Männer-Geschichten leben von der Sehnsucht nach dem guten (institutionellen) Vater. Im Kino kann man ihn leichter finden als in seinem Lebensalltag. Diese Differenz bleibt; der Kinogänger, vermute ich, vergisst sie nicht, wenn er das Kino verlässt.   



  

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