Dienstag, 23. September 2014

Von Subjektivität gereinigte Forschung

Gestern wurde in der SZ ein Text der Zeitschrift Science von Kelly Servick abgedruckt, der mit diesen Überschriften präsentiert wurde: "Super-Suggestion. Bei machen Menschen zeigt sich der Placebo-Effekt mit verblüffender Deutlichkeit. Wissenschaftler vermuten nun, dass eine Besonderheit im Erbgut für die heftige Reaktion auf Scheinmedikamente verantwortlich ist" (SZ vom 22.9.2014, Nr. 218, S. 16). Kelly Servick beschrieb den Placebo-Effekt als den "echten Nutzen, den Patienten allein von der Erwartung einer medizinischen Therapie haben". Der so genannte Placedo-Effekt beunruhigt die Hersteller mancher oder vieler Präparate, weil der Nachweis ihrer Wirksamkeit in den dafür zugeschnittenen Experimenten häufig schwierig ist. Experimente der Wirksamkeit operieren mit Stichproben von Patienten, denen in der einen Stichprobe das zu testende Präparat, in der anderen Kontroll-Stichprobe dagegen ein Präparat ohne die zu testenden Substanzen  gegeben wird. Sollten in der Kontroll-Stichprobe also die Patienten auf den  psychischen Effekt einer Erwartung und damit auf das Placebo positiv reagieren, könnte der Nachweis der Wirksamkeit einer Substanz schwierig werden.


Der psychische Faktor ist die Komplikation dieser Forschung.  Es ist, muss man vermuten,  die Beziehung zu der oder zu dem, die oder der die Bedeutung einer Behandlung kommuniziert und mit einem Präparat realisiert. Dass die Bedeutung der Beziehung ausgeblendet wird, sagt viel über eine medizinische Forschung, die den Menschen beziehungslos konzipiert, seine Humanität unterschätzt und seine Subjektivität als Störung und als eine Art Täuschung (durch Scheinmedikamente) versteht. Dabei ist seit langem bekannt, dass wir ohne die Erfahrung guter Beziehungen nicht lebensfähig sind.

Welchen Ausweg sehen diese Forscher? In der Vermutung,  dass Patienten, die in Experimenten mit ihrem Empfinden für Interaktionen reagieren, eine entsprechende genetische Ausstattung aufweisen müssen. Könnte man mit einem Prüfverfahren die genetische Ausstattung identifizieren, wäre man in dieser Wirksamkeitsforschung weiter. Dann könnte man darauf achten, dass die empfindsamen Patienten in die Stichproben nicht aufgenommen werden. Die Forschung wäre dann frei von dieser Art von Subjektivität. Dann hätten wir freie (manipulierte) Forschung. Zum Glück, stellt man beim weiteren Lesen dieses Textes fest, wollen so frei nicht alle Forscher sein.   

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