Montag, 13. April 2015

Journalismus-Lektüre VI: Personalberatung

Journalisten heben hier und da wirklich schwere Steine. Man muss sie für ihren Schneid  bewundern. Leider fallen die Steine auch hier und da auf die Füße. Der Schmerz des Aufschreis verhallt dann irgendwo im Text. Hören wir gut hin. Hubert Wetzel findet heute in seinem Kommentar der Süddeutschen Zeitung (13.4.2015, S. 4, Nr. 84) Hillary Clinton, die ihr Interesse am Amt des U.S.-Präsidenten mitgeteilt hat: bedingt geeignet - so seine Worte. Kann er das beurteilen? Hat er eine intime Kenntnis von den Anforderungen des Amtes? Offenbar. "Doch gerade die Eigenschaften, die Clinton ein Vierteljahrhundert in der Politik haben überleben lassen - ihre Zähigkeit und Wucht als Kämpferin - , wecken zumindest Zweifel daran, ob sie wirklich geeignet ist für das höchste Amt". Beißt sie zuviel und zu stark die Zähne zusammen und rennt und rennt? Schwer zu sagen, was Hubert Wetzel meint.

"Ja, Amerika war brutal zu den Clintons", schreibt er, "aber die Clintons haben Amerika auch viel zugemutet. Doch schuldet das Land deswegen jetzt Hillary Clinton die Präsidentschaft? Man weiß nicht genau, was diese Kandidatur für Clinton eigentlich ist. Rache? Therapie? Heilung?" Junge, Junge macht dieser Personalberater sich Sorgen. Rache, Therapie, Heilung. Alles anständige - unpolitische Motive. Das Amt als Anti-Depressivum. Dieser Personalberater ist mehr als ein Personalberater.

"Aber vielleicht hat Hillary Clinton all das je längst hinter sich gelassen. Wenn ja, wird sie nicht nur die erste Präsidentin der USA werden; sondern dazu auch eine ganz gute": lautet der letzte Absatz. Ordentliche Aussichten. Unbedingt geeignet.

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