Freitag, 11. Januar 2019

Ungenauer Journalismus - im Dienste der Beschwichtigung der Korruption (Beobachung der Beobachter) (82)

"Fiat Chrysler zahlt Strafe", heißt es in einer in (ca.) 2.600 Zeichen verfassten Notiz der F.A.Z. vom 11.1.2019 (S.19). Wofür? Für die Manipulationen der Steuerung der Diesel-Motoren. An wen? An das U.S.-Justizministerium. Wie viel? Um die 800 Millionen Dollar. Warum so wenig - verglichen mit den 26 Milliarden, die die Leitung von Volkswagen an Strafzahlungen und Kompensationsleistungen überweisen lassen musste? Eine stattliche Differenz. Wieso?

Der letzte Absatz der Notiz bietet eine Erklärung an:
"Volkswagen wollte am Donnerstag  (10.1.2019) keine Stellung zu der Entscheidung im Fall FCA (FiatChrysler Automobiles) abgeben. Dass die Strafen jetzt deutlicher niedriger ausfallen, stützt allerdings die These, die Volkswagen in seiner Verteidigungsstrategie im Prozess von Kapitalanlegern gegen das Unternehmen vor dem Oberlandesgericht in Braunschweig vertritt. Demnach hätten die amerikanischen Behörden im Herbst 2015 beim Abgasskandal einen Paradigmenwechsel vollzogen und VW deutlich höhere Strafen angedroht als in früheren Fällen. Deswegen sei der Vorstand damals vom Vorgehen der amerikanischen Behörden überrascht worden".

Die Zeilen sind ein Beispiel für die journalistische Leugnung der Korruption der Leitung des VW-Konzerns, deren Argumente ohne Widerspruch, aber mit dem Schlenker der Nachdenklichkeit - stützt allerdings die These - verbreitet werden.

1. Der Paradigmenwechsel ist pompöser Bluff. Strafrechtlich relevanter Betrug wird schon immer in den U.S.A. schwer bestraft. Man muss nur James B. Stewarts Tangled Webs. How False Statements Are Undermining America: From Martha Stewart to Bernie Madoff (2011) lesen.
2. Die Höhe der Strafe resultiert aus dem massiven, systematischen Betrug und aus dem fortgesetzten Betrug an den U.S.-Behörden, die hingehalten wurden und mit denen nicht kooperiert wurde - erst die drastischen Strafandrohungen bewegte die Wolfsburger Leitung zum Eingeständnis ihres schweren Betrugs. Erstaunlicherweise ist der fortgesetzte Betrug der Leitung mit ihren gebrochenen Versprechen einer lückenlosen Aufklärung in der bundesdeutschen Öffentlichkeit durchgegangen. Seltsamerweise ist die Leitung  (meines Wissens) in keinem Forum der Öffentlichkeit damit konfrontiert worden.
3. Deshalb ist die Formulierung deutlich höhere Strafen angedroht als in früheren Fällen eine Lüge, adressiert an die bundesdeutsche öffentliche Diskussion, mit der die Leitung des Wolfsburger Konzerns sich als das Opfer einer unerbittlichen U.S.-Justiz geriert, womit sie zugleich etwaige Kompensationsleistungen zu ersticken sucht. Die Notiz in der F.A.Z. (vom 11.1.2019) ist der Beleg für eine Übernahme dieser Unschulds- und Beschwichtigungs-Erzählung.
4. Die Formel vom Überraschtwerden ist eine weitere Lüge mit dem Mittel der ungenauen Angabe des Affekts. Die Konzern-Leitung hatte die U.S.-Justiz unterschätzt - die Herren wähnten sich als Herren, könnte man diese Nachkriegsattitüde mit einem vertrauten Bild beschreiben, die sich in ihrer Verachtung der U.S.A. so sicher fühlten.         

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen