Donnerstag, 13. Juni 2019

Was ist mit der S.P.D.? Stunk in der Bude. Panisches Fantasieren

Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles hat ihre Ämter aufgegeben. Sie hat, wie wir das aus dem Alltag kennen, die Tür hinter sich krachend zugeschlagen und damit ihre Überlastung (wie auch immer) kommuniziert. Öffentlicher Riesen-Aufschrei: Das haben wir so nicht gewollt. Was dann? Öffentliche Heuchelei angesichts des Vergnügens am Holzhacken.  Das Ergebnis der Europawahl war mager; in Bremen verlor die S.P.D. ihre Mehrheit. In der A.R.D.-Umfrage, in den Tagesthemen präsentiert (am 5.6.), war die Prozentquote der Zustimmung für die S.P.D. einstellig; für die Union kaum besser. Die Redaktion der Tagesthemen spielt gern das Spiel: Was wäre, wenn am Sonntag gewählt würde? Für die Beantwortung der Frage werden ein paar Demoskopen gut bezahlt, die das politische Geschäft des Quälens & Fantasierens unterfüttern, das dann mit der abwinkenden Handbewegung beschwichtigt wird: Nur ein Stimmungsbild - keine Prognose! Anschließend wird das Stimmungsbild zur Wirklichkeit, wenn die verantwortlichen  Politikerinnen und Politiker gefragt werden: Wie sehen Sie das?

Die geben dann brav Auskunft und raufen sich die Haare. Müssen sie das? Nein. Keiner sagt: Seit wann wird mit demoskopischen Umfragen Politik gemacht? Keiner sagt: Was soll der Scheiß' mit Stimmungsbildern zwischen den Wahlen? Herbert Wehner hätte das damals - in den 60er oder 70er Jahren - vielleicht so gesagt. Der ließ sich ungern bedrängen und ließ die Bedränger auflaufen. Das war manchmal ziemlich rüde und traf den Falschen. Manchmal traf er auch den eigenen Mann. Er verteidigte die S.P.D. mit allen seinen Mitteln. Er war unberechenbar. Nach den Bundestagswahlen 2017 gaben sich Martin Schulz und Andrea Nahles aufsässig und versprachen eine aggressive Opposition. Das war nicht gern gesehen. Heute kann man vielleicht sagen: Es wäre zu sehr um die Sache gegangen. Vermeiden, Leugnen & Aufschieben sind die beliebten politischen Mittel. Ungenauigkeit statt Genauigkeit, Klatsch & Tratsch statt Streit. Umarmen statt Sich-Differenzieren. Sich-Unterwerfen statt Protestieren. Mitspielen statt Ausscheren. 

Jetzt haben wir den Salat. 1967 fragte Karl Jaspers mit seinem Buch Wohin treibt die Bundesrepublik? Es gab einen mächtigen Aufschrei. Ja, wohin treibt sie heute? Wir haben eine gelähmte Regierung. Deren (gegenwärtiges wie künftiges) Personal ist dem öffentlichen Spott preisgegeben. Das ist unterhaltsam, lenkt aber ab. Und gleichzeitig  fantasieren wir öffentlich eine andere (neue) Regierung. Deren (mögliches) Personal wird mächtig idolisiert. Das ist unterhaltsam, vertröstet aber auf irgendeinen fernen Zeitpunkt. Wann hört das auf?
 

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