Freitag, 23. Januar 2015

Hohe Dosis

Gestern, am Donnerstag, dem 22.1.2015, stellte Mario Draghi der Öffentlichkeit sein Konzept vor,
innerhalb von 18 Monaten für 1.1 Billionen Euro Staatsanleihen aufzukaufen. Eine stolze, für einen sagen wir normalen Kontoauszug enorm lange Zahl. Dieser Betrag macht ein Fünftel des bundesdeutschen Privatvermögens aus. Ein Fünftel ist nicht so viel. Oder?

Mario Draghis kommuniziertes Konzept erscheint plausibel: die EBZ kauft verschuldeten Staaten die Schulden ab. Paul hat mir eintausend Euro geliehen; ich habe ihm den Kredit quittiert. Richard hat den Kredit ausgelöst, gibt mir reichlich Zeit zum Rückzahlen und reichlich neues Geld zum Wirtschaften und damit einen guten Schlaf. Jetzt schulde ich Richard viel Geld, und der kann und will warten. So weit so übersichtlich. Natürlich ist alles komplizierter. Einige Fragen:
1. Wieso bin ich so klamm? Wieso sind einige Länder der EU so klamm? Was ist bei denen los? Was ist ihnen zugemutet worden?
2. Wieso wird eine so gewaltige Summe in der EU benötigt? Während in anderen Ländern außerhalb der EU eine solche Summe enorm helfen würde?
3. Wieso folgen die Fachleute, die Befürworter und die Nicht-Befürworter, alle dem Konzept des Wachstums, dessen Ende seit den 70er prognostiziert wurde? Mit anderen Worten: kann man nicht auch anders wirtschaften? Müssen das Geschäft und dessen zählbarer Ertrag die einzigen Orientierungen ein?

Eine Antwort deutet sich an: die EU kooperiert unzureichend: es gibt keine gemeinsame, weitreichend institutionalisierte Wirtschaftspolitik. Die Länder pflegen und behaupten ihre Interessen. Am Mittwoch, dem 21.1.2015, meldete die Süddeutsche Zeitung: "Null Prozent Zinsen auf fünfjährige Bundesanleihen. Deutschland bekommt an den Finanzmärkten zu beispielslos güngstigen Konditionen Kredit". Vor allem ein Land prosperiert (bislang) in der EU: die Bundesrepublik Deutschland. Ist das für eine Gemeinschaft gutes, faires und vor allem sinnvolles Wirtschaften? Die (protestantische) Religiosität des Beharrens auf der Schulden-Freiheit? Einer oder einige horten und die anderen gucken zu? Unökonomisch, aber interaktionell gedacht: ist die Politik der EBZ Folge dieser unglaublichen Asymmetrie und als ein Mittel der Regulation an die Bundesrepublik adressiert und gerichtet? Jedenfalls jetzt hängt sie mit drin - hängen wir mit drin. Der bundesdeutsche Egozentrismus geht zu Ende. Wie ist das gedacht, geplant und ausgehandelt worden? Wer hat sich durchgesetzt? Und wieso sind unsere Regierung und Chefin nicht mehr - ausgesprochen - dagegen? What has happened?

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