Dienstag, 31. März 2015

Die Tragödie des Andreas Lubitz

Die öffentliche Diskussion hat es mit ihrer Aufgabe der Beruhigung eilig und kommt deshalb auf einfache Lösungsvorschläge. Einer besteht im Ruf nach forcierter Kontrolle. Was soll forciert kontrolliert werden?

Die konfliktuöse innere Welt eines Menschen und dessen daraus abgeleitete, erschlossene (mögliche) Gefährdung oder Gefährlichkeit eines Menschen. Wie soll das gehen? Es geht nicht. Big Data und Big Neuro helfen nicht. Die Tragödie des Piloten Andreas Lubitz besteht darin, dass ihm offenbar nicht gelang, in den therapeutischen Kontakten ausreichend Auskunft über sich zu geben, so dass mit einer angemessenen Schutzmaßnahme, die unsere Gesetzgebung bereits vorhält (die aber seltsamerweise unbekannt zu sein scheint), hätte interveniert werden können. Andreas Lubitz konnte es offenbar nicht - aus welchen Gründen auch immer. Er hatte sich in den therapeutischen Kontakten entschieden, sprachlos zu bleiben - und handelte damit - bewusst oder nicht bewusst, wir können es (wahrscheinlich) nicht mehr rekonstruieren - gegen seine Lebensinteressen, zu  klären, was mit ihm ist. Deshalb helfen Psychologische Test-Verfahren nicht: sie sind abhängig von der Auskunftsbereitschaft.

Wir sind täglich darauf angewiesen und müssen darauf vertrauen, dass wir unseren (gemeinsamen) Lebensinteressen gemäß handeln und uns das Lebenswichtige mitteilen. Wir sind auf unsere Auskunftsbereitschaft angewiesen. Wer sich aus dieser unausgesprochenen Verpflichtung zurückzieht, tut sich und uns keinen Gefallen. Die eine enorm schwierig zu beantwortende Frage für eine demokratisch verfasste Gesellschaft, die von ihren Bürgerinnen und Bürgern die Beachtung der (eigenen und gemeinsamen) Lebensinteressen erwartet, bleibt: welches Ausmaß an Rückzug können und müssen wir tolerieren - in der Familie, im Freundeskreis, in der Verwandtschaft, im Kreis der Kolleginnen und Kollegen? Die andere, intime Frage für einen selbst bleibt: wann muss ich über meinen Rückzug Auskunft geben und mich mitteilen?

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