Donnerstag, 19. März 2015

Politischer Winterschlussverkauf

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat das Institut TNS Infratest beauftragt. Womit? Ist mir unklar. Wahrscheinlich - ich entnehme das dem Aufmacher der Süddeutschen Zeitung (7./8.3.2015) auf der ersten Seite "Reizklima in Berlin" - mit der Frage: Wie stehen wir da? Welche Chancen haben wir? Die gängigen Fragen eines Waren-Produzenten, der seine Markt-Chancen abzuschätzen versucht.


Die Süddeutschen Zeitung wollte ihrer Leserschaft offenbar eine Neuigkeit bieten - die Ergebnisse der
Studie liegen uns vor, schreiben sie. Lassen wir das (verständliche) publizistische Geschäftsinteresse beiseite: was hat die Studie herausgefunden? Ein "Imageproblem". Was lernen die Partei-Mitglieder daraus? Die Süddeutschen Zeitung zitiert aus der Präsentation der Studie - wer immer sie erläutert hat (wahrscheinlich Repräsentanten der Partei) - :

"Die SPD muss wieder zu sich selbst finden, aus dem Herzen heraus und nicht wegen schlechter Umfragewerte Politik machen. Sie muss vor allem wieder erkennbar werden, auch wenn dies bedeutet, dass sie - wo nötig - Konflikte mit der Union eingehen muss".

Das ist nun nicht neu. Oskar Lafontaines unübertroffener Satz einer sozialdemokratischen Verheißung hätte nur erinnert werden müssen: Das Herz schlägt links. Die Partei hätte sich einen (vermutlich) sechsstelligen Euro-Betrag ersparen können. Davon abgesehen: ist es nicht erschreckend, wie politische Ideen sich in einem tautologischen Kreis bewegen, in dem ein Befragungsinstitut konstatiert, was ist, und die Verbesserung des Status Quo empfiehlt: die Politur des Images? Mit Richard Milhous Nixons Präsidentenschaft  begann, beschrieb Jonathan Schell in seinem Buch The Time of Illusion, das politische Polieren der inszenierten Fassade. Es führte nicht weiter. Es läuft auf das Leiden am  Einschaltquoten-Syndrom hinaus: die politische oder kreative Fantasie läuft leer. Wir leben von guten Ideen. Polieren hilft nicht langfristig. Ab und zu braucht man etwas Neues. Neu war 1969: Willy Brandts mehr Demokratie wagen. Erfinder werden benötigt.

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