Dienstag, 19. April 2016

Ein Worte-Fund II: "moralische Ikonenhaftigkeit"

Heute Morgen servierte mir die Frankfurter Allgemeine Zeitung (19.4.2016) im Feuilleton (S. 9) wieder zum Frühstück (s. meinen Blog vom 15.3.2016) einen Christian Geyer-Text Warum mied Merkel die goldene Brücke? (Es geht um die Entscheidung der Bundeskanzlerin, die Ermittlung der Klage eines Staatsoberhauptes zuzulassen, statt eine einfache Klage ihrem institutionellen Lauf zu überlassen). Dort fand ich den Satz: "Merkt Merkel nicht, dass ihre moralische Ikonenhaftigkeit ausgereizt ist". Was ist moralische Ikonenhaftigkeit? Mein Übersetzungsvorschlag: moralische Selbstgefälligkeit. Bemerkenswert ist zweierlei: 1. politische Prozesse werden mit einer solchen Art von Beschreibung entstellt; 2. politische Prozesse werden personalisiert und damit unangemessen familiarisiert - man könnte auch sagen: verniedlicht - , ohne zu berücksichtigen, dass die veröffentlichten Entscheidungen der Bundeskanzlerin Produkt eines interaktiven Prozesses eines Berater-Teams sind, dessen Besetzung, Beziehungsgefüge und Beziehungsdynamik unklar sind. 

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