Donnerstag, 7. August 2014

Beziehungssehnsucht: Die Wohnung der Großmutter von Arnon Goldfinger

Zusammen mit seiner Mutter löst der Filmemacher Arnon Goldfinger die Wohnung seiner verstorbenen Großmutter in Tel Aviv auf. Er entdeckt Belege - Briefe, Dokumente und Zeitungsausschnitte - einer für ihn unglaublichen Freundschaft seiner Großeltern mit dem hochrangigen Funktionär der Schutzstaffel, Baron Leopold von Mildenstein, und dessen Frau; von Mildenstein war der Vorgesetzte und Vorgänger von Adolf Eichmann. Arnon Goldfingers Großeltern pflegten ihre Kontakte von 1933 bis 1936; nach 1945 nahmen sie sie mit ihren regelmäßigen Reisen in die junge Bundesrepublik wieder auf. Arnon Goldfinger unternimmt - gegen das erste Sträuben seiner Mutter - den Versuch der Rekonstruktion. Sein Film Die Wohnung ist das Dokument seiner Verständnissuche. Was seine Großeltern mit den von Mildensteins verband, bleibt unklar. Aber sie hielten ihre offenbar gute Beziehung nach ihrer Emigration zu ihnen fest und schützten sie vor ihren Kindern, indem sie sie verschwiegen. Die Wohnung ist ein Film über die komplizierten, widersprüchlichen deutsch-jüdischen Lebensgeschichten, über die Not verschiedener (nicht synthetisierter) Identitäten (der Großeltern Arno Goldfingers) und über den tiefen Wunsch, die guten Bilder von Beziehungen zu erhalten und nicht aufzugeben. Arnon Goldfingers Die Wohnung ist ein eindrucksvoller, enormer Film, der vertraute, übersichtliche Gewissheiten erschüttert; er liegt als DVD vor; wer ihn am Dienstag, dem 5.8., in der A.R.D. verpasste, kann ihn sehen.

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