Donnerstag, 7. August 2014

Es geht den Bach runter

Dienstags nach den Tagesthemen hat die A.R.D. ihren Sendeplatz für Dokumentarfilme, die häufig unter der Rubrik Die Story präsentiert werden - Fernsehen, wie ich manchmal finde, at its best. Am 29.7. war Marc Bauders Master of the Universe zu sehen. Der erste Master of the Universe aus der Welt der Banken war  der von Tom Wolfe erfundene Sherman McCoy, Wall street bond-trader with a salary like a telephone number (Tom Wolf aus Fegefeuer der Eitelkeiten, 1987). Jetzt ist es Rainer Voss, der Auskunft gab über die Frankfurter Welt der Finanzwirtschaft. Innenansichten sind selten. Gillian Tett beschrieb in ihrem Buch Fool's Gold. How the Bold Dream of a Small Tribe at J.P. Morgan Was Corrupted by Wall Street Greed and Unleashed a Catastrophe das manische Geschäft mit so genannten Finanzprodukten, die nur wenige verstanden. JC Chandor beschrieb in seinem Finanz-Thriller Margin Call (Der große Crash) die tief gekühlte Unbarmherzigkeit, mit der das Geschäft, auch wenn es mächtig schlingert, exekutiert wird.

Rainer Voss, von Marc Bauder befragt (dessen Stimme ganz selten zu hören ist), erinnert sich, während wir ihn in einer leer stehenden, stattlichen Büro-Etage sehen mit dem Blick nach draußen auf die anderen gläsernen Bank-Paläste. Finanzwirtschaft, lernte ich, ist ein anderes Geschäft als das der so treuherzig etikettierten Realwirtschaft. Finanzwirtschaft ist sehr real und sehr schnell. Während in den 70er Jahren, so Rainer Voss, Aktien im Schnitt gut vier Jahre behalten wurden, sind es jetzt zweiundzwanzig Sekunden. Finanzwirtschaft ist der Wettbewerb um buchstäblich jeden Preis. Die Akteure sind von Angst getrieben. Die Finanzwirtschaft wirkt wie ein hermetisches System. Rainer Voss hat wenig Hoffnung auf dessen Veränderbarkeit. Er rechnet mit einem Scheitern der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Nach einander würden die Wirtschaftssysteme der europäischen Länder zerbröseln. Frankreich sieht er am Horizont der Krise auftauchen.

Düstere Aussichten. Marc Bauders Master of the Universe beschäftigte mich sehr; was ich imaginiert hatte, bestätigte er: die Attraktion und die Macht des riesigen Reichtums und die Bilder seiner Repräsentationen von Status und Glück treiben das System an. Auf fünf Billionen Euro schätzt Hans-Ulrich Wehler (Die Deutschen und der Kapitalismus, 2014) das "Nettovermögen beim obersten Dezil der Bevölkerung" bei uns (S. 13). Einhundert Millionen Dollar kostete Bernie Ecclestone der Deal mit dem Münchener Gericht. Die beiden Zahlen gehören nicht zusammen. Aber vielleicht doch.

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