Montag, 23. Februar 2015

Kontexte-Schmuggel

Der britische und der U.S.Geheimdienst sind bei den Herstellern der so genannten SIM-Karten (für die mobilen Telefone) - SIM steht für subscriber identity module - eingedrungen und haben die Codes entschlüsselt. Das war eine wahrhaft tolle Operation. Die Geheimdienste, das ist nicht neu, verfolgen rigoros die Macht-Interessen ihrer Regierungen; das institutionalisierte Gesetz behindert offenbar nicht oder kaum - who knows? - ihre expansiven Aktivitäten.

"Im Überwachungsstaat" hat Jasper von Altenbockum seinen Kommentar in der Frankfurter Allgemeine dazu überschrieben (21.2.2015, S. 1, Nr. 44). Er folgert: "Wenn schon amerikanische oder britische Geheimdienste so skrupellos sind, werden es andere erst recht sein. Angesichts dieser staatlichen und einer nicht minder ausgeprägten kommerziellen Überwachungslust erscheint es fast aussichtslos, dass sie eines Tages gesetzlich eingedämmt werden könnte. So frisst die IT-Revolution ihre Kinder".

Nein, die IT-Revolution frisst nicht. Der Grenzenlosigkeit der Geheimdienste entspricht die Nachlässigkeit oder Hilflosigkeit der demokratischen Kontrollen. Weshalb die nicht funktionieren, müsste geklärt werden. Bei uns sind das Bundeskanzleramt und das Parlament zuständig. Wie gut kontrollieren die Kontrolleure? Die Frage ist natürlich einfach gestellt, die Antwort enorm schwierig: wer Macht hat, hütet seine Macht. Aber das sollte doch nicht abhalten zu fragen. Zweitens: die kommerzielle Überwachungslust. Die Überwachungslust ist wohl mehr eine Registrier-Lust: was ich im Internet kaufe, wird festgehalten und grob extrapoliert zu einem erweiterten Kauf-Interesse. Wenn ich eine DVD bei amazon.uk bestelle, bekomme ich hier und da ein Angebot, das irgendwie in Reichweite der Bestellung liegt - manchmal bin ich interessiert, häufig nicht; zudem werden meine bisherigen Bestellungen nicht eingerechnet. Überwacht fühle ich mich nicht. Manchmal belästigt - wie bei diesen (früheren) Werbewurf-Sendungen, die die Briefkästen verstopften. Heute muss ich wegklicken, früher musste ich zur Mülltone laufen. Es gibt hartnäckige Firmen, die tauchen sofort auf, andere gar nicht. Die hartnäckigen Firmen beschleunigen meinen Konsum nicht. Drittens: die IT-Revolution frisst. Tut sie das? Das weiß keiner, weil keiner das Internet und dessen Wirkungen überblickt. Wohl, wo es lokalisiert und wie es verdrahtet ist: Andrew Blum über Tubes. A Journey to the Center of the Internet. Bevor man die Leute erschrickt, sollte man die Bedrohung kennen.    

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