Freitag, 20. Februar 2015

Verachtungsprosa

Die Leute von Max Factor, der uralten U.S.-Firma für Kosmetika besonders schöner Frauen, haben sich für die 1962 verstorbene Schauspielerin Marilyn Monroe entschieden. In einer kurzen Nachricht kann man in der Süddeutschen Zeitung dazu lesen: "Marilyn Monroe, verblichene Schönheit, hat gut 52 Jahre nach ihrem Tod einen neuen Job" (8.1.2015, S. 20, Nr. 5). Ein wenig später heißt es: "Auch mit weniger Pathos kann man nur zugeben, dass man kaum ein besseres Testimonial für Kosmetikprodukte hätte finden können: Falten kriegt Marilyn ganz bestimmt keine mehr". Manche Autoren sind manchmal erbarmungslos fröhlich und denken weder an die Protagonistin noch an die Kinogänger oder Kinogängerinnen, die Marilyn Monroe noch immer sehr schätzen für ihre Filme.

In der Ausgabe vom 30.1.2015 schreibt Karl Bruckmaier über Bob Dylan. Der Titel: "Ein Junge hört Radio. Auf seinem 36. Studioalbum 'Shadows in the Night', widmet Bob Dylan seine brüchige Stimme ganz nostalgisch den schmalzigen Hits seiner Kinderzeit: den Songs von Frank Sinatra". Die Songs von Frank Sinatra sind natürlich keine Songs von Frank Sinatra, sondern es sind die Lieder der U.S.-Komponisten - zwei nennt er: Richard Rodgers und Oscar Hammerstein - , die Frank Sinatra in den 50er Jahren vor allem mit den Arrangeuren Billy May und Nelson Riddle einspielte. Die Ungenauigkeit ist nicht der Punkt, sondern der Tonfall der Herablassung, mit dem der Autor sich groß und die Künstler klein macht. Fazit von Karl Bruckmaier: "So ist Dylan in der Nostalgie-Sackgasse angekommen, in der Woody Allen seit Jahrzehnten feststeckt". Seit Jahrzehnten feststeckt: ich würde gern so lange so künstlerisch feststecken.

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