Dienstag, 21. Oktober 2014

Bundesdeutsche Regierungskunst II

Der Koalitionsvertrag unserer Regierung - das entnahm ich dem Bericht der SZ vom 20.10.2014 (S. 22, Nr. 241) - enthält das Projekt, den Lärm von Güterzügen (die nachts mit einem gewaltigen Rumpeln die Leute aus dem Schlaf reißen) bis 2020 zu halbieren. Was einfach klingt, ist kompliziert. Eine Voraussetzung ist: die Ausrüstung der Güterzüge mit neuen (leisen) Bremsen. Die alten Bremsen (aus Grauguss, sagt der Text) rauhen die Eisenräder auf, die dann nicht mehr rund laufen und deshalb enorm lärmen. Der Austausch der Bremsen soll bis 2016 realisiert sein. Aber so viele Bremsen können so schnell gar nicht hergestellt werden. Es werden nämlich enorm viele Waggons durch die Republik gezogen.

Zweitens. Der Koalitionsvertrag droht an, wenn die Halbierung des Lärms nicht gelingt, den Nachtverkehr der Güterzüge zu verbieten und/oder sie langsamer fahren zu lassen. Das wiederum hätte Folgen für den Gesamtverkehr; denn dann müssten Millionen Lkws den Transport der Güter übernehmen und in das System des Straßenverkehrs gepresst werden. Nichts ist einfach, heißt der Titel eines Buchs von Sempé. Eine gute Idee ist schnell entworfen; ihre Realisierung ist dann eine ganz andere Geschichte. Das kennen wir alle. Die Frage ist: haben die Koalitionäre das im Spätsommer und Herbst 2013 bedacht? Haben sich zuvor beraten und einschlägige Forschung betreiben lassen? Haben sie an die betroffenen Systeme und Subsysteme und an die Interessen ihrer Betreiber gedacht? Ich vermute: nein. Es ging so schnell, stelle ich mir vor, wie bei der so genannten Energiewende, die ja bekanntlich mit einem Moratorium des Nachdenkens, das allerdings die Funktion eines Vordenkens haben sollte, ausgerufen wurde. Möglicherweise viel schneller.    

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