Mittwoch, 15. Oktober 2014

Die bundesdeutsche Katastrophe

"Kinderarmut wächst wieder", meldete die SZ auf ihrer ersten Seite in ihrer Wochenend-Ausgabe vom 11./12. 10.2014. Wieder ist ein Euphemismus: sie war nie zum Stillstand gekommen. Auf Seite 6 wird die Meldung erläutert:

"2007 lebten nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Durchschnitt 16,8 Prozent der unter 15-Jährigen in in Hartz IV-Haushalten. Der Wert sank bis 2012 auf 15 Prozent, was die Arbeitsagentur als Erfolg wertete". Jetzt liegt der Prozentanteil bei 15,7. "Für viele der 1,64 Millionen Jungen und Mädchen bedeutet dies: einmal Hartz IV, viele Jahre Hartz IV". Vor allem bei den Jüngeren wäre davon auszugehen, zitiert Thomas Öchsner von der SZ eine Studie des DGB: "dass sie direkt in Hartz IV-Verhältnisse hineingeboren wurden. Damit ist das Risiko einer dauerhaften, quasi vererbten Hilfsbedürftigkeit hoch". Als Sozialisationsfolgen für die Kinder nennt der DGB-Forscher Adamy: dass die Eltern "als Vorbilder ausfallen" bei sinkendem Selbstwertgefühl, Sinnkrise und mangelnder sozialer Teilhabe. Armut ist schrecklich; die psychosozialen Folgen sind verheerend. Die Eltern fallen für ihre Kinder als Eltern aus. Und was machen die Kinder?

Der DGB empfiehlt geförderte Arbeitsplätze. Arbeitsverhältnisse sind dringend notwendig; keine Frage. Aber man muss befürchten, dass die Lebensbedingungen in Armut dauerhaft schädigen mit chronischen Folgen. Aufwändige, großzügig geförderte sozialwissenschaftliche Forschung zu den Sozialisationsfolgen von Armut sind dringend notwendig. Wir haben offenbar eine Regierung, die viel nach draußen schaut (Ukraine, ISIS, Ebola, Flüchtlingsströme - wobei in der Nachkriegszeit die junge Republik 14 Millionen so genannter Flüchtlinge mit einigem Gezeter integriert hat; das ist doch enorm und lässt sich sehen)  und dort die entscheidenden Gefahren wittert, auf ihren Pfenningen sitzt, aber wie gelähmt scheint, wenn es darum geht, sich um die Lebensbedingungen in unserer Republik zu kümmern.

Heute, in der SZ, auf Seite 6 (15.10.2014) : "Flüchtiges Potenzial. Wer nach Europa will, ist arm und ungebildet? Eine Migrationsstudie zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist. Um Lücken auf dem Arbeitsmarkt zu schließen, will das Auswärtige Amt die Asylpolitik völlig neu ausrichten". Das sagt doch genug. Der Blick ins Portemonnaie macht nachdenklich und aufgeschlossen.  In den  60er Jahren hatten wir die so genannten Gastarbeiter, die wir  nicht wie Gäste behandelten. Sie blieben und halfen, die Bundesrepublik zu einem bunten Land zu machen. Und nun?




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